Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 41. Band, (Jahrgang 1863)

Rechtsalterthiimer aus österreichischen Pantaidingen. 
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Frauen, die sich gescholten oder gerauft hatten, den Pagstein ge 
tragen, wurde derjenigen, die den Anfang gemacht, eine Gusse auf 
erlegt (CXXIX, 29. CLXI, 21). 
2. So oft die mit dem Stein beschwerte Frau während der 
Procession rastete, sollte sie die Busse von 72 Pfenningen zahlen 
(I, 37. CI, 32. CLVIII, 38. CCX, 36. Grimm, Wsth. III, 684). 
3. Eine erheblicheAbschwächung derStrafe lag in der Satzung, 
dass eine Frau die Busse zahlen oder den Stein tragen sollte und 
dass statt des Steintragens aus Gnaden die Busse eintreten konnte 
(XXX, 59. XXXI, 60. LXIII, 66. LXV, 51. CLX, 41. CLXX, 48. 
CCI, 55). Die alternative Busse bestand ausnahmsweise in einem 
Muth Hafer (LXXII, 55). — Auf diese Weise kam die beschim 
pfende Strafe in Abnahme und wir finden auch schon einfach nur 
eine Busse gedroht für „verbotene Worte“, während für Schlagen 
und Haufen der Pagstein blieb (XII, 29. 30). Auch wurde ein Unter 
schied gemacht, ob es ein einfaches Schelten gewesen war oder 
Worte gewechselt waren, die Treu und Ehre berührten, unziem 
liche ertödtende Worte u. dgl. (I, 37. 38. XXX, 59. XLIX, 19. 
L, 28. CCX, 36. 37). Ferner wurden angesessene und nicht ange 
sessene Frauen nicht gleich behandelt (CLX, 41. 42). 
Mit dem Steintragen variirt das Einspannen in die Fiedel oder 
Geige i) (XIX, 19. S. 102. XXIII, 31. LXVIII, 33); auch kommt die 
Fiedel allein für dieses Delict vor (LXXIV, 16. LXXV, 17. LXXIX, 
15. CLXXV, 3. CLXXVI, 27. CXCV, 43). Die Fiedel fand ebenfalls 
für andere Fälle Anwendung (Bd. I. S. 99, §. 11. S. 102, §. 22. 
LXXI, 65. CLXXVI, 4). 
Humane Rücksicht, wie überall auf deutschem Boden, war den 
schwangeren Frauen geschenkt 3 ). Der Hüter eines Weinberges 
soll einer vorübergehenden schwangeren Frau eine oder zweiWein- 
beeren nicht verwehren (XLI, 90. CL, 23. CCV, 35). Es wird auch 
dem Ehemanne, der für die schwangere Frau darum bittet, noch 
eine grössere Quantität zugestanden (CLXXXIII, 42). Ebenfalls ist 
es der schwangeren Frau oder ihrem Manne gestattet, bei sonsti 
gem Verbot des Fischens, einen bis drei Fische zu fangen (XC, 5. 
XCIV, 9. XCV, 19). 
') G ri mm H. A. 721, 725. —Z ö pfl, Alterth. I, 349. 
2 ) Grimm R. A. 408.
	        
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