Die Lunarhuchstaben in den Kalendarien des Mittelalters.
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sondern sich einer ganz andern Einrichtung zur Bestimmung des Mond
alters für jeden Tag bedient hat. Diese bisher so gut wie nicht beachtete
und nicht erklärte Einrichtung der älteren Kalendarien und Zeittafeln,
das heisst die Lun a r huc h s ta b en u nd ihr e mannigfaltige
Anwendung sollen den Gegenstand der folgenden Abhandlung bilden.
In Deutschland hat meines Wissens bisher nur Th. Mommsen
auf Lunarbuchstaben aufmerksam gemacht *) und gezeigt, dass in
dem spätrömischen officiellen Kalender, der mit der Chronographie
von 354 2 ) verbunden ist, die erste Buchstabenreihe, welche den
zwei auf die sieben- und die achttägige Woche bezüglichen Reihen
vorangeht, sich auf die Monddaten bezieht. Es sind dort nämlich in
der Regel von drei zu drei Tagen den Monatstagen die Buchstaben A
bis K so beigesetzt, dass der 1. Jan. A hat, der 4. Jan. B . . . der
28. Jan. K, der 31. Jan. wieder A, der 3. Febr. B . . . der 12. Febr.
E, dann ausnahmsweise mit eintägiger Intervalle, der 14. Febr. F,
der 17. Febr. (also die frühere Intervallirung) G . . . der 26. Febr.
K, der 1. März wieder A u. s. f., so dass sich das gleiche Schema
sechsmal vollständig wiederholt und mit dem 355. Tage des Jahres
von Neuem anhebt, aber mit dem 30. Dec. D abbricht. „Wie man
sieht — sagt Mommsen —- stellt die erste Reihe (1.—30. Jan.) den
30tägigen, die zweite den 29tägigen Mondmonat dar . . . Wenn man
demnach die Epakte weiss, die in einem andern Abschnitt derselben
Chronographie nach dem 84jährigen Cyklus . . . berechnet ist, so
kann man darnach durch einfache Beobachtung der Buchstaben die
Neu- und Vollmondstage finden. Es sei beispielsweise in dem gege
benen Jahre der erste Neumond 8. Jan., so füllt Neumond in dem
selben durchaus auf die C 2 bezeichneten Tage, falls man den ersten
im Jahre beginnenden Monat voll, dagegen abwechselnd auf C 2 und
C 1, falls man denselben hohl setzt“. An die Schemata der Novilunien,
die Th. Mommsen den zwei Annahmen entprechend entwirft, knüpft
er die Frage, ob nicht in der früheren christlichen Zeit neben der
‘) In der röm. Chronologie, 2. Ausg. p. 309. — Aus der Note daselbst habe ich erfah
ren, dass auch Edward Greswell, fasti temporis catholici and origines Kaleudariae
(Oxford I8i>4,8°, o ßde.) von den Lunarbuchstaben des Constantinischen Kalenders han
delt; aber Mommsen’s Citat aus Greswell ist falsch und es ist mir nicht möglich gewesen,
in dem wüsten Buche des englischen Theologen die betreffende Stelle aufzufinden.
a ) Th. Mommsen in den Abhandl. der k. sächs. Gesellschaft der Wissensch. II. i ff.
Ö47—G93.