Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 38. Band, (Jahrgang 1861)

Die Lunarhuchstaben in den Kalendarien des Mittelalters. 
155 
sondern sich einer ganz andern Einrichtung zur Bestimmung des Mond 
alters für jeden Tag bedient hat. Diese bisher so gut wie nicht beachtete 
und nicht erklärte Einrichtung der älteren Kalendarien und Zeittafeln, 
das heisst die Lun a r huc h s ta b en u nd ihr e mannigfaltige 
Anwendung sollen den Gegenstand der folgenden Abhandlung bilden. 
In Deutschland hat meines Wissens bisher nur Th. Mommsen 
auf Lunarbuchstaben aufmerksam gemacht *) und gezeigt, dass in 
dem spätrömischen officiellen Kalender, der mit der Chronographie 
von 354 2 ) verbunden ist, die erste Buchstabenreihe, welche den 
zwei auf die sieben- und die achttägige Woche bezüglichen Reihen 
vorangeht, sich auf die Monddaten bezieht. Es sind dort nämlich in 
der Regel von drei zu drei Tagen den Monatstagen die Buchstaben A 
bis K so beigesetzt, dass der 1. Jan. A hat, der 4. Jan. B . . . der 
28. Jan. K, der 31. Jan. wieder A, der 3. Febr. B . . . der 12. Febr. 
E, dann ausnahmsweise mit eintägiger Intervalle, der 14. Febr. F, 
der 17. Febr. (also die frühere Intervallirung) G . . . der 26. Febr. 
K, der 1. März wieder A u. s. f., so dass sich das gleiche Schema 
sechsmal vollständig wiederholt und mit dem 355. Tage des Jahres 
von Neuem anhebt, aber mit dem 30. Dec. D abbricht. „Wie man 
sieht — sagt Mommsen —- stellt die erste Reihe (1.—30. Jan.) den 
30tägigen, die zweite den 29tägigen Mondmonat dar . . . Wenn man 
demnach die Epakte weiss, die in einem andern Abschnitt derselben 
Chronographie nach dem 84jährigen Cyklus . . . berechnet ist, so 
kann man darnach durch einfache Beobachtung der Buchstaben die 
Neu- und Vollmondstage finden. Es sei beispielsweise in dem gege 
benen Jahre der erste Neumond 8. Jan., so füllt Neumond in dem 
selben durchaus auf die C 2 bezeichneten Tage, falls man den ersten 
im Jahre beginnenden Monat voll, dagegen abwechselnd auf C 2 und 
C 1, falls man denselben hohl setzt“. An die Schemata der Novilunien, 
die Th. Mommsen den zwei Annahmen entprechend entwirft, knüpft 
er die Frage, ob nicht in der früheren christlichen Zeit neben der 
‘) In der röm. Chronologie, 2. Ausg. p. 309. — Aus der Note daselbst habe ich erfah 
ren, dass auch Edward Greswell, fasti temporis catholici and origines Kaleudariae 
(Oxford I8i>4,8°, o ßde.) von den Lunarbuchstaben des Constantinischen Kalenders han 
delt; aber Mommsen’s Citat aus Greswell ist falsch und es ist mir nicht möglich gewesen, 
in dem wüsten Buche des englischen Theologen die betreffende Stelle aufzufinden. 
a ) Th. Mommsen in den Abhandl. der k. sächs. Gesellschaft der Wissensch. II. i ff. 
Ö47—G93.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.