Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 27. Band, (Jahrgang 1858)

Über einen griechischen Paliinpsest der k. k. Hofbibliothek etc. 403 
möglichen Anlässe aufmerksam gemacht, die der Erfindung des fabel 
haften Dadianus mit seinen 70 Königen zu Grunde liegen konnten; / 
dass er der Namensähnlichkeit mit Diocletian, in dessen Christenver 
folgung doch Georg's Martyrium gesetzt wird, gar nicht Erwähnung 
thut, nimmt mich Wunder. Könnte nicht durch einen Zufall oder jj 
vielleicht absichtlich aus Diocletian Dadian gemacht sein? Diese 
Stellen unseres Palimpsestes aber beweisen jedenfalls, dass Papen- 
broch Unrecht hatte, wenn er meinte, so dummes Zeug habe nicht 
im 4. oder S. Jahrhundert erdichtet werden können. — Das was auf 
f. II enthalten ist, habe ich leider in keiner der mir bekannten Le 
gendenformen wieder finden können, wenn auch in den meisten von 
ihnen Georg mit dem Magier Athanasius zusammengeführt wird; 
man darf aber wohl kaum zweifeln, dass sich dieselbe Partie in der > 
Legende des Baronius oder einer ähnlichen Handschrift erhalten ^ 
haben wird. Danach würde die vollständige Restitution der schwer ' 
lesbaren Seite keine Schwierigkeiten mehr bieten. Wie sie jetzt 
vorliegt, darf man etwa folgenden Zusammenhang vermuthen. Ein 
Jüngling, vielleicht der Sohn des Königs, ist durch Zauberei erkrankt 
(s. Z. 9 f.); der König schickt Briefe in alle Welt, wer ihn heilen 
könne, möge sich einstellen (Z. 1—3); es kommt der Magier Atha 
nasius der sich dazu erbietet (Z. 4 IT.); er hält ein Gespräch mit 
dem König, dessen Inhalt leider völlig dunkel ist, nur dass es scheint, 
als ob er zum Schlüsse (Z. 13) einen Stier zu bringen befiehlt. 
Dieser wird geopfert, der Magier spricht ihm etwas in’s Ohr und, 
wie es scheint *)> erhebt sich der Stier wieder auf die Füsse (Z. 
19 f.); der König belobt den Magier ob dieses Wunders, und damit 
bricht diese Seite ab. Vermuthlich wird der weitere Zusammenhang 
der sein, dass Georg dann ein noch grösseres Wunder wirkt; we 
nigstens scheinen andere Legenden bei Papenbroch das Verhält- 
niss des Athanasius zum Georg so aufzufassen. Auch Baronius gibt 
ja (s. oben S. 397) als Inhalt seiner Legende eine „ars dolosa Georg’s, 
ad perdendos Gentilium magos“ an. Ist diese Ergänzung richtig, 
so würde unser Palimpsest ein wichtiges Moment zur Entscheidung 
*) Vergl. unter Herder’s Legenden (Ges. Werke, zur Litt, und Kunst, Th. 3) die mit 
dem Titel „Tödten und lebendig machen, “ in der ein Zauberer Jambres ähnlich 
einen Stier durch ein ihm in’s Ohr geflüstertes Wort tödtet, während ein Christ ihn 
dann wieder lebendig macht. Leider ist die Quelle hierfür nicht angegeben. 
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