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Joseph Bergmann.
grammatische Versuch nicht den Propheten Aggaeus oder IIag-
gai, wie Millin in Eckhel’s Biographie sagt: — il publia une expli-
cation grammaticale des propheties d’Haggee“, sondern den Pro
pheten Obadja oder Abdias, von dem nur ein Capitel mit 21
Versen uns bekannt ist. — Herr Dr. Joseph Karle, Professor der
biblisch-orientalischen Sprachen an der hiesigen Hochschule, fällt
über diese Jugendarbeit folgendes Urtheil: Eckhel gibt den hebräi
schen Text mit allen Lesezeichen, wie er gewöhnlich in den gedruck
ten Ausgaben sich vorfindet, mit einer Interlinear-Ubersetzung, wel
che sich so genau an den hebräischen Text anschliesst, dass manch
mal sogar die Deutlichkeit verloren geht, z. B. im Verse 12. Die jedem
hebräischen Verse beigegebene Analyse zeigt, dass der Autor die
Formen der Zeitwörter und der Nennwörter richtig kennt. Dass in
neuerer Zeit die Behandlung der Grammatik von den Institutionen
Engstler's etwas abweicht, versteht sich von selbst“. Eckhel ward
dann als junger Priester nach den Satzungen seines Ordens zum
Unterrichte der Jugend verwendet. Erlehrte angeblich (wahrschein
lich schon bevor er Priester geworden) in den Ordens-Gymnasien
zu Leoben und zu Stadt Steyer in den lateinischen Grammatical-
Classen, nach andern auch zu Judenburg Poetik und Rhetorik und
ward Meister der lateinischen Sprache, die er mit Leichtigkeit und
Eleganz handhabte. Wohl am längsten lehrte er diese beiden Fächer
am akademischen Gymnasium in Wien. Auch war er der Poesie nicht
abhold, wir haben etliche Zeugen seiner Muse der er sich bei feier
lichen Gelegenheiten zuwandte. Er dichtete zwei Oden im gly-
konisch-asklepiadeischen Versmasse mit der Aufschrift „l'lausus
Prbis. Plausus ruris“ auf die zweite Vermählung des römischen Königs
Joseph 11. durch Procuration zu München am 13. Jänner 176b mit
seiner Cousine M. Josepha, jüngsten Tochter Kaiser Karl’s VII.,
Kurfürsten von Baiern, dann zu Schönbrunn am 22. desselben Mo
nats *), welche (Oden) mit noch sechs andern von Jesuiten verfass
ten Gedichten erschienen. Jahrelang suchte ich diese Gedichte
vergeblich, endlich nahm ich meine Zuflucht zur Wiener Zeitung
Bibliothek, dann von 1783 Pfarrer bei den Servilen in der Vorstadt Rossau und starb
in Folge eines Falles am 28. Februar 1811 in einem Alter von 8G Jahren.
A ) Sie erkrankte, wie K. Joseph’s II. erste Gemahlinn M. Is a b e 11a, Priuzessinn von
P a r in a (-j- 27. Nov. 1763) an den Blattern am 20. Mai 1767 und starb am 28. kinderlos.