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Joseph Fiedler.
und den Eintritt Russlands in das europäische Concert zur Folge
hatte; und damit zugleich auch einen Baustein zu dem grossen Werke
zu liefern.
Fragt man um den Mann der den Grund zu dieser welthisto
rischen Verbindung gelegt hat, so klingt es fast wie eine Ironie der
Geschichte, dass sie mit dem Namen eines fahrenden Ritters, wenn
auch edleren Styles, antwortet. Es war Nikolaus von Poppel (auch
Popplau, Poppelau, Poppelaw u. s. w.), ein schlesischer .
Ritter 1 ), sowohl durch seinen langen Spiess und durch seine
unglaubliche Körperstärke als durch seine gelehrte Bildung und
Beredtsamkeit weit bekannt.
Das historische Interesse, welches dieser merkwürdige Mann
erweckt, gruppirt sich theils um seine anziehende Persönlichkeit,
theils um seine Reisen, vorzugsweise aber um seine diplomatische
Mission und deren Folgen. Auf der ersten, nach den west-europäischen
Ländern und Höfen unternommenen mehrjährigen Fahrt 2 ) nämlich
erscheint er als ein Ritter von besonderer physischer Begabung und
Fertigkeit, als Tourist von Geschmack und als denkender, ja scharf
sinniger Beobachter des Bestehenden, während wir ihn auf der
ungleich wichtigeren, nach dem russischen Reiche unternommenen
und vollführten Reise und officiellen Sendung als einen gewandten,
durch das ehrende Vertrauen seiner hohen Sender ausgezeichneten
Diplomaten kennen lernen.
*) Hormayr (im Taschenbuche, Jahrgang-1842, p. 177) hältPoppel für eiuen in Russland
bekannten und angesehenen Regensburger Kaufherrn u. s. w. Wie falsch , wird
der Verfolg dieses Aufsatzes zur Genüge anschaulich machen. — Daraus erklärt
sich auch Adelung’s Vermuthung, dass Poppel von slawischer Abkunft war. Siehe
Friedrich von Adelung: Übersicht der Reisenden in Russland, I, p. 151.
2 ) Poppel verfasste selbst eine Beschreibung dieser Reise, die Sinapius (Schles.
Adel. 1. p. 718) unter dem Titel: itinerarium Poppelianum zuerst anführt, und
woraus Klose in der „Darstellung der inneren Verhältnisse der Stadt Breslau von
1458—1526“, gedruckt in Stenzel’s Scriptores Rerum Silesiacarum, III, p. 361—375,
einen Auszug gab. Derselbe führt auch eine neuere Copie des trotz der lateinischen
Überschrift deutschen Originales in des Baron von Hund Büchersammlung auf der
Elisabeth-Bibliothek an. Nach den letzten Auskünften die wir durch die Güte des
Herrn Professor Dr. Röppel erhielten, ist das Original nicht nachweisbar. Eine
Abschrift desselben befindet sich aber in der v. Rhediger’schen Bibliothek auf 76
Blättern in Folio, stammt aus dem XVII. oder gar XVIII. Jahrhundert und ist in
Orthographie und der ganzen Schreibweise sehr modernisirt.