Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 20. Band, (Jahrgang 1856)

Ein Beitrag- zur Privilegiumsfrage. 
IS 
das genannt werde, das in Bezug auf Verleih ung von der 
königlichen Würde oder von geistlichen Fürsten 
abhängig ist, legiren, schenken, verpfänden oder verkaufen wollte, 
diesen Verkäufer oder Verpfänder soll weder Unsere königliche 
Majestät noch jemand Anderer daran hindern können. Wenn aber 
dieser Verkauf, diese Verpfändung, Schenkung oder Legirung so 
plötzlich sich ereignen sollte, dass weder Unsere königliche Hoheit 
noch die denen das Recht solcher Verleihung zusteht, ganz und gar 
nicht aufgesucht und angegangen werden könnten, so soll desswegen 
(ob hoc) den Herzogen von Österreich in ihren Rechten kein Nachtheil 
erwachsen“ *). 
Heisst das: „Die Herzoge von Österreich haben das Recht 
Erwerbungen zu machen auch ohne Bestätigung und Ein 
willigung des Reiches?“ Liegt in diesen Worten der Urkunde 
ein so allgemeines, das Reich beseitigendes Erwerbungsrecht, wie 
Dr. Wattenbach es formulirt? Oder besagt nicht der zweite Theil 
der citirten Urkundenstelle, dass die Herzoge nur in jenen Fällen, in 
welchen es ihnen unmöglich ist, die Einwilligung des römischen 
Königs oder derer denen das Verleihungsrecht zusteht, einzuholen, 
und wo Gefahr im Verzüge für die Erwerbung wäre, auch ohne 
vorläufige Bewilligung zugreifen dürfen? Geht aber daraus nicht klar 
hervor, dass in allen anderen Fällen, wo keine Gefahr im Verzüge ist, 
die Herzoge verpflichtet seien, die Einwilligung des Reichsoberhauptes 
oder der berechtigten Collatoren vorerst nachzusuchen? Die Urkunde 
König Heinrich's gab also den Herzogen von Österreich kein unbe 
dingtes Recht, Erwerbungen zu machen, wann und wo es ihnen 
beliebte ohne Bestätigung und Einwilligung des Reiches, 
sondern machte alle Erwerbungen von der vorläufigen Zustimmung 
des Reichsoberhauptes abhängig, und gestattete die Erwerbung ohne 
diesen vorläufigen Consens nur in Fällen, wo es im Drange der Zeit 
unmöglich war, diesen einzuholen. Dr. Wattenbach trug daher 
einen Sinn in die Urkunde hinein, der in ihrem Wortlaute nicht liegt, 
offenbar seiner Hypothese zu Liebe, dass Herzog Rudolf eines solchen 
Privilegiums bedurft habe, um Tirol auch gegen den Willen Karl’s IV. 
seinem Hause zuzuwenden. 
*) Siehe den lateinischen Text oben S. 7, Anmerkung:!.
	        
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