Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 19. Band, (Jahrgang 1856)

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Dr. Karl S c h e r z e r. 
Zeiten wiederkehrten, nährten sich die Völker fast ausschliesslich 
nur von Früchten (zabotes, matazanos, jocotes), trennten sich 
von ihren Frauen, und brachten Tage und Nächte mit Beten, 
Schreien, Weinen und dem Verbrennen von Weihrauch im Hause des 
Idoles zu. — 
Wir sind jetzt am Ende der Chronik angelangt. Dieselbe schliesst 
mit einem Verzeichnisse der Geschlechter welche in Quiche von der 
Gründung des Reiches an durch die vier Stammväter Balam-quitze, 
Balam-acab, Mahucutah und Yquibalam zu jener Zeit, als Sonne, 
Mond und Sterne zu leuchten anfingen, regiert haben. Nach diesem 
Register herrschte das 12. Königsgeschlecht der Quiche’s, als Pedro 
Alvarado das Land bekriegte. Nach der Ankunft der Spanier (1524) 
regierten nur mehr zwei Könige: Tecum Tepepul, welcher bereits 
den Eroberern Tribut zahlen musste, und hierauf dessen Söhne Julius 
Rojas und Julius Cortes, welche von den Eroberern getauft, und 
denen zugleich mit dem christlichen Act die Namen ihrer siegenden 
Feinde beigelegt worden waren. 
Der Quiche-Chronik sind vom Autor zum besseren Verständniss 
derselben Scholien beigefügt, welche, mit theihveiser Benützung 
einer gleichfalls sehr geschätzten Handschrift des Augustiner Mönchs 
Fray Geronimo Roman, höchst werthvolle Mittheilungen über die Ge 
schlechtsfolge der Könige, die religiösen Sitten und die gesellschaft 
lichen Zustände im alten Quiche-Reiche liefern, und in denen zugleich 
in kurzen aber kräftigen Zügen das träge, misstrauische, zähe Wesen 
der Indianer geschildert wird. Mit Recht nennt sie Xiinenez ein Volk 
voll Widersprüchen, das die härtesten Arbeiten verrichtet und doch 
wieder den höchsten Grad von Faulheit zeigt; das über alle Massen 
gefrässig ist und gleichwohl eine bewundernswürdige Enthaltsamkeit 
besitzt; ein Volk endlich, welches mit natürlichen Gütern gesegnet, 
dennoch im erbärmlichsten Zustande lebt. Der Reiche wie der Arme, 
der Cazike wie der niedrigste Indianer besitzen ganz dieselben üblen 
und guten Eigenschaften, sie sind alle gleich in Allem, Alle nur Ein 
Indianer. Ihr ganzes Wesen ist das von Kindern, und darum sollten 
sie auch nur wie solche beurtheilt und behandelt werden. Wohl 
Vielen, meint Ximenez, werden diese Historien blos als Kinder 
geschichten erscheinen, die weder Fuss noch Kopf haben; allein für 
den beschränkten Verstand des Indianers sind dieselben eben so viele 
Wahrheiten als für den Katholiken die Lehren des heil. Evangeliums,
	        
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