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Dr. Karl S c h e r z e r.
Zeiten wiederkehrten, nährten sich die Völker fast ausschliesslich
nur von Früchten (zabotes, matazanos, jocotes), trennten sich
von ihren Frauen, und brachten Tage und Nächte mit Beten,
Schreien, Weinen und dem Verbrennen von Weihrauch im Hause des
Idoles zu. —
Wir sind jetzt am Ende der Chronik angelangt. Dieselbe schliesst
mit einem Verzeichnisse der Geschlechter welche in Quiche von der
Gründung des Reiches an durch die vier Stammväter Balam-quitze,
Balam-acab, Mahucutah und Yquibalam zu jener Zeit, als Sonne,
Mond und Sterne zu leuchten anfingen, regiert haben. Nach diesem
Register herrschte das 12. Königsgeschlecht der Quiche’s, als Pedro
Alvarado das Land bekriegte. Nach der Ankunft der Spanier (1524)
regierten nur mehr zwei Könige: Tecum Tepepul, welcher bereits
den Eroberern Tribut zahlen musste, und hierauf dessen Söhne Julius
Rojas und Julius Cortes, welche von den Eroberern getauft, und
denen zugleich mit dem christlichen Act die Namen ihrer siegenden
Feinde beigelegt worden waren.
Der Quiche-Chronik sind vom Autor zum besseren Verständniss
derselben Scholien beigefügt, welche, mit theihveiser Benützung
einer gleichfalls sehr geschätzten Handschrift des Augustiner Mönchs
Fray Geronimo Roman, höchst werthvolle Mittheilungen über die Ge
schlechtsfolge der Könige, die religiösen Sitten und die gesellschaft
lichen Zustände im alten Quiche-Reiche liefern, und in denen zugleich
in kurzen aber kräftigen Zügen das träge, misstrauische, zähe Wesen
der Indianer geschildert wird. Mit Recht nennt sie Xiinenez ein Volk
voll Widersprüchen, das die härtesten Arbeiten verrichtet und doch
wieder den höchsten Grad von Faulheit zeigt; das über alle Massen
gefrässig ist und gleichwohl eine bewundernswürdige Enthaltsamkeit
besitzt; ein Volk endlich, welches mit natürlichen Gütern gesegnet,
dennoch im erbärmlichsten Zustande lebt. Der Reiche wie der Arme,
der Cazike wie der niedrigste Indianer besitzen ganz dieselben üblen
und guten Eigenschaften, sie sind alle gleich in Allem, Alle nur Ein
Indianer. Ihr ganzes Wesen ist das von Kindern, und darum sollten
sie auch nur wie solche beurtheilt und behandelt werden. Wohl
Vielen, meint Ximenez, werden diese Historien blos als Kinder
geschichten erscheinen, die weder Fuss noch Kopf haben; allein für
den beschränkten Verstand des Indianers sind dieselben eben so viele
Wahrheiten als für den Katholiken die Lehren des heil. Evangeliums,