Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 19. Band, (Jahrgang 1856)

Die Mission des Freiherrn von Sassinet. 
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Vicekönig von Neapel in Aussicht stellten — alle Aussichten für Frank 
reich also günstig waren — Ludwig XIV. verwarf jede Vermittlung, 
höchstens sollte Italien ganz neutral bleiben, — der Kampf sollte in 
Spanien ausgekämpft werden, dem Sieger dann auch die italienischen 
Besitzungen zufallen; — eine Idee, durch deren Annahme der gege 
benen Sachlage nach Kaiser Leopold sich selbst von jeder Parcelle 
der spanischen Erbschaft ausgeschlossen hätte. 
Dass man auch kaiserlicherseits wenig von der Vermittlung des 
Papstes erwartete, und nur aus Achtung für ihn seinen Antrag annahm, 
ist daraus ersichtlich, dass Cardinal Lamberg welcher in Venedig 
wegen eines Bündnisses unterhandelte, sich dahin äussei'te: Die 
Vermittlung des Papstes scheine ihm wenig erspriesslich, wegen 
dessen politischer Schwäche. Sollte es aber dahin kommen, dass 
die streitigen Provinzen sequestrirt würden, so sei die erste und 
vornehmste Bedingung, dass sich die Franzosen aus dem Mailän 
dischen zürückzögen. 
Keiner von allen diesen Vorschlägen kam zur Ausführung. Es 
blieb also Österreich zur Wahrung seines Rechtes nur der Weg der 
Gewalt, den man zu betreten bereits angefangen. Ludwig XIV. suchte 
den Papst und die übrigen italienischen Fürsten zu einem Bündnisse 
zu vereinigen und den Kaiser ganz von Italien auszuschliessen, was 
ihm aber zum Glücke Österreichs nicht gelang. Obwohl man aus dem 
Gratulationsschreiben des Papstes an den Herzog von Anjou zur Erlan 
gung der spanischen Krone entnehmen kann, wie sehr er sich schon 
auf die französische Seite neigte, und wie wenig von ihm für Öster 
reich zu hoffen war, obwohl dies eine Factum strenge genommen 
schon hinreichend gewesen wäre, ihn selbst als Feind Österreichs zu 
erkennen, so lähmte er die Schritte der letztem Macht doch immer 
dadurch, dass er sich äusserlich strenge neutral erklärte und so 
behandelt sein wollte. Er anerkannte Philipp V. als König, weigerte 
sich aber als neutrale italienische Macht, ihm die Investitur über Nea 
pel zu verleihen, oder auch nur Hoffnung dazu zu machen, obgleich 
er ihm durch die Anerkennung den grössten moralischen Vorschub zur 
Erreichung seiner Zwecke auch in Italien gab. Er zeigte seine Par 
teilichkeit für ihn so offen, dass er die goldene Rose welche alljährlich 
vom Papste geweiht und jenem Fürsten verehrt wird, welchem er im 
Augenblicke die grösste Zuneigung bezeugen will, dem neuen Könige 
von Spanien bestimmte. Freilich unterblieb die wirkliche Ausführung
	        
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