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VII. Abhandlung: Bartsch.
an die Verwandten der Frau die Rede, nach der Textgestalt der
Wiener Handschrift, die, wie in der textkritischen Note 12 S. 10
gezeigt wurde, an sich recht wohl die ursprüngliche Lesart ent
halten könnte, ist auch eine Bestimmung über das Schicksal der
donatio vorhanden, dos und donatio gehen auseinander, eines
fällt an die Verwandten des Mannes, eines an die der Frau.
Aber abgesehen davon, daß diese Lesart vereinzelt ist, würde
sie dazu zwingen, dos als Gabe des Mannes, donatio als Gabe
der Frau anzusehen, wenn nicht etwa diese Gaben übers
Kreuz verfallen sollen. Ich getraue mich jedoch nicht, dies
ohneweiters dort anzunehmen, wo nicht der Text dazu
zwingt (wie in Form V).
Die hier beschriebene Form finden wir im 16. Jahr
hundert im Zaiger in das Landrechtbuch III 10 §§ 3 ff.
wieder (abgedruckt bei Bartsch 49 f.). Einen schönen Be
leg für die germanistische Bedeutung des plenum ins auch an
dieser Stelle (nämlich = widerfallsfrei) gibt der Zaiger, in
dem nach ihm die Kinder ,macht haben an iren lezten Zeiten
oder wie sie verlangt zu geben und zu verschaffen, als der
erberhhait gezimbt nach irem willen.
Bemerkenswert ist schließlich in dieser Form eine Be
stimmung über den gemeinschaftlichen Erwerb, von dem wir
sonst nichts hören. Auch er bleibt dem Überlebenden, doch
mit einem Erbrecht je zur Hälfte für die beiderseitigen
Verwandten, das setzt also Erwerbsgemeinschaft der Ehe
gatten voraus. 1 Eine solche Gemeinschaft stimmt mit unseren
Nachrichten über das mittelalterliche Güterrecht in Öster
reich überein (Schroeder II 1., 206 ff., Hasenöhrl, 133).
Dunkle Spuren finden sich bis über das 16. Jahrhundert hin
aus (Bartsch 87 ff.). Das Hecht der Verwandten, einmal
mit revertitur, das anderemal mit succedunt bezeichnet, 2 ist
•wohl kein Heimfallsrecht, sondern gesetzliches Erbrecht der
Seitenverwandten mit Halbteilung des Gemeinschaftsgutes,
beschränkt durch das Leibzuchtsrecht des überlebenden Gatten.
An die Schilderung der Güterstandsform IV knüpft der
Verfasser eine Erläuterung des Begriffes der Paraphernen.
1 Raymund selbst erklärt sie als geltendes Recht in der Lehre vom
Gattenerbrecht. Siehe unten S. 48.
2 Siehe oben S. 31, Note 1.