Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 168. Band, (Jahrgang 1911)

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VII. Abhandlung: Bartsch. 
im Gegensatz zum nudum ius, dem durch die Fruchtnießung 
eines anderen beschränkten Eigentum. Raymund verwendet 
jedoch den Ausdruck in germanistischem Sinne, plenum ius 
steht im Gegensatz zum zeitlichen Eigentum, der Leibzucht, 
und bedeutet das freivererbliche, keinem Ileimfall unter 
liegende Recht. Sicher ist die zuletzt angeführte Bedeutung 
hier gebraucht, wo das plenum ius in Gegensatz zu den Leih 
zuchtsrechten der Formen II und IV (ad dies suos) gestellt 
ist, und ebenso sicher ist dies in Form VI, wo der über 
lebende Gatte nur bei Kinderlosigkeit plenum ius erhält, 
während sonst offenbar Verfangenschaft eintritt. Desgleichen 
erhalten die Kinder des zuletzt verstorbenen Gatten, der das 
Gut nur zu Leihzucht besessen hatte, dieses frei pleno iure 
nach Frage 2 und Form VI. 
Die geschilderte Form (Nachfolge am gesamten Gut des 
Verstorbenen frei von jedem Ileimfall) wird als libera dos be 
zeichnet. Hradil hat an der Hand zahlreicher LTrkunden 
nachgewiesen, daß tatsächlich im Spätmittelalter in Öster 
reich und Steiermark die heimfallsfrei an den überlebenden 
Gatten übergehende Ehegabe ,freies' Heiratsgut genannt 
wurde (Hradil 53 ff.). 
Die hier geschilderte libera dos ist aber noch mehr als 
Hradils freies Heiratsgut. Sie ist vor allem eine Verschmel 
zung der Gabe des Verstorbenen mit der eigenen Widmung 
des Überlebenden (dos et donatio) zu einer Einheit, wäre also 
das, was Hradil uns als späteres Produkt des freien Heirats 
gutes, als älteste Form der ,gerennten‘ Ehe beschreibt 
(Hradil 66 ff.). Dadurch, daß aber auch die paraferna in 
diese Heiratsgutsgemeinschaft einbezogen werden, stellt sich 
diese Form möglicherweise als die spätere erst im 15. Jahr 
hundert häufigere Form der gerennten Ehe dar, der all 
gemeinen Gütergemeinschaft mit Alleinerbrecht des über 
lebenden Gatten. 1 
Endlich ist diese Form noch dadurch verschärft, daß sie 
im Gegensatz zu den beiden früheren Formen auch hei Vor 
handensein von Kindern eintritt, deren Verfangenschafts 
recht hiemit beseitigt ist, eine Form, die man im Mittelalter 
nur ungern zuließ (Hradil 62 ff.). Die gerennte Ehe in 
1 Siehe jedoch oben S. 39, Note.
	        
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