Die Nonsberger Mundart.
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welche heute bis zum nördlichen Winkel italienisch ist, 1 war
ursprünglich rätisch, 2 später gallisch, wurde aber bereits ein
Jahrhundert v. Chr. romanisiert und noch vor dem rätischen
Kriege dem Municipium tridentinum unterstellt; das 46 n. Chr.
von Kaiser Klaudius den Nonsbergern zuerkannte römische
Bürgerrecht zeigt, daß schon zu dieser Zeit sich die Bevölkerung
ganz römisch fühlte. Von der rätischen Sprache ist vielleicht
bis auf den Volksnamen Anauni, 8 woraus die Landesbenennung
Anaunia stammt, nichts geblieben; viel stärker hat dagegen das
keltische Element sprachlich gewirkt, da es in zahlreichen Orts
namen deutliche Spuren hinterlassen hat.
Alle Sprachforscher, welche sich mit der heutigen Nons
berger Mundart befaßten (Ascoli, Gärtner, Ettmaybr) haben
ihre Zugehörigkeit zur lombardisch-venezianisch-ladinischen
berg zur Bezirksliauptmannschaft Cles gehören und sprachlich
zwischen der Sulzberger und Nonsberger Mundart stehen. Über
die Geographie Nonsbergs vergleiche man besonders Dr. Cesare
Battisti, II Trentino, Trento, 189B, und Guida di Mezolombardo
edintorni, Trento, 1905, sowie den schönen Führer von O.Brentari,
II Trentino, Bassano, 1890—95.
1 Deutsch sind nur Proves in Val di Sumo, ein kleines abwärts
gelegenes Dorf, dessen noch nicht ganz vollzogene Germanisierung
ungefähr in der Mitte des vorigen Jahrhunderts ihren Anfang nahm,
und S. Felice-Senale am Gampenjoch. Die älteren Leute von Proves
sprechen ungefähr die Mundart von Tergiovo, sie neigen also mehr
zum nord- oder hochnonsbergischen Typus als zu jenem des näher
liegenden Lanza in Val di Eumo. Trett südlich von S. Felice ist
ganz romanisch.
Uber die verwickelte Frage der vorromanischen Bewohner von
Nonsberg vergleiche man V. Inama, Storia delle valli di Non e
di Sole dalle origini fino al secolo XVI, Trento, 1905. Dort gibt
der kompetente Verfasser gewissenhaft alle klassischen Belege für
das Vorhandensein dieser Urbevölkerungen und für ihr Verhältnis
zu den Körnern, außerdem eine sehr ausgedehnte Bibliographie.
Darauf gehen die Namen ngn, ngngs, sowie vielleicht nos und
novela zurück; diese Entsprechungen verlangen eine frühzeitige
Zusammenziehung des ursprünglichen Diphthonges, welcher in der
Tabula Clesiana 46 n. Chr. (C. J. L. V Nr. 6050) in der Form
Anaunorum belegt ist. Der italienisierte Flufiname Noce für
nsbg. nös (m.) ist eine analogische Bildung nach dem Muster
nsbg. ausl. s = ital. ce, und dürfte ganz modern sein; die alte
schriftsprachliche Benennung ist Nosio.
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