VI. Abli.: Sehönbach. Mitteil, aus altd. Handschriften. X. 1
VI.
Mitteilungen aus altdeutschen Handschriften.
Von
Anton E. Sehönbach,
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
Zehntes Stück:
Die Regensburger Klarissenregel.
(Vorgelegt in der Sitzung am 1. April 1908.)
Anfang Dezember 1907 überraschte mich Herr Professor
Dr. Josef Endres am kgl. Lyzeum zu Regensburg durch die
Mitteilung, es sei eine alte Handschrift der deutschen Klarissen
regel im dortigen Klarissenkloster vorhanden, und erwirkte auf
meine Bitte bei der hochwürdigen Frau Äbtissin Maria Eugenia
Nentwig die Erlaubnis, daß dieses wertvolle Pergament mir
zur bequemsten Benutzung nach Graz dargeliehen wurde;
dafür spreche ich auch auf diesem Wege meinen aufrichtigen
Dank aus.
Die seltene Überlieferung war genaueren Untersuchens
wert und es ließen sich ihr Aussagen abgewinnen, die nicht
bloß das Entstehen des Denkmales in helles Licht setzen, son
dern auch für die Geschichte der Einführung rhythmischer
Formen in die altdeutsche Prosa ein nicht unwichtiges Zeugnis
darbieten.
Die Beigabe, aus einer Handschrift der kaiserlichen Hof
bibliothek zu Wien geschöpft, wird, abgesehen davon, daß sie
ein Kapitel der Klarissenregel praktisch erläutert und uns in
die Formen eines weltfremden Gottesdienstes Einblick gewährt,
auch durch die Lautgebung ihrer groben Mundart Interesse
wecken.
Sitzungsber. d. phil.-hist. Kl. 160. Bd. 6. Abk.
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