Einleitung- zu Schmeller’s cimbrischem Wörterbuche.
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77. Die Vorsylbe glie oder ga bleibt wie in einigen ober
deutschen Dialekten in den mit g anlautenden Präterit-Participien
weg, so g he bet (gegeben), im Catechismus von 1602, S. 24 und
62 ganghet (gegangen), göltet (gegolten, aushezahlt), S. 58,
doch heisst es daselbst S. 59, vnt hia saint iere paineghe
alle gh eg öltet d. i. und hier (im Himmel) sind alle ihre Peinen
aushezahlt, getilgt. Die Participien von italienischen Wörtern werden
bald mit dieser Vorsyibe, bald ohne dieselbe gebraucht, so glieap-
probart, gheregolart, ghepratticärt, gheauffet, ge
häutet S. 10; und flage lart (1602, S. 7).
78. Nach vocalisch auslautender Stammsylbe wird von der
Endung -e, en, er etc. gerne g (gh) eingefiigt, als: neuge oder
neughe, getreuge, schaugen, traugen, paugen, schrai-
gen, knigen, wo g oder gh zum Theile ein w der altern Sprache
vertritt, nämlich: niuwe, getriuwe, schouwen, trouwen (triuwen),
bouwen, buwen, bauen (arare) etc.
79. Da der Cimbre den Hauchlaut li in seiner Sprache in vielen
Wörtern noch hat, so wird er auch im Schreiben gesetzt: haben,
herre, herzen, helle (Hölle), hümmel, erhoern, jedoch wird
er auch häufig unangedeutet gelassen, oder gar dessen Zeichen am
Unrechten Orte angebracht, als im Catechismus von 1602, S. 2
hailighen und ailighen, S. 11 gheaileghet,S. 15 herloexe
und S. 16 richtig erloese; die h ersten (die ersten), von hal
ler beite (von aller Welt) S. 14; harböt (Arbeit) S.20; bona
(statt eine, una) S.2. Weggelassen ist h in erbast toat (herbeste
tot) S. 20. — Diese so ungleiche und undeutsche Schreibung be
rechtigt uns zur Annahme, dass nicht ein eingewanderter d e ut s eher,
sondern ein cimb rischer Priester diesen Catechismus in seine
Mundart übertragen habe.
80. Das li inmitten des Wortes, nämlich das wirklich lautende
auch in der älteren Sprache vorhandene, wird in cimbriseher Schrei
bung durch gh gegeben: hoghen, seglien, sighet, gescheghen,
d. i. hohen, sehen, sieht, geschehen. Das Oberdeutsche scliueh,
lautet scliuk oder scliuuk, pl. schughe, oder in diesem Wörter
buche sc hu ge.
81. Unser Consonant), wie in ja, je, jo, ju, wird im Cimbrischen,
da der entsprechende Anfangslaut im Italienischen fehlt, meist durch
gia, gie, gio und giu ausgedrückt.