Studien zur Kirchenpolitik Englands im 14. Jahrhundert. 23
gezogen 1 und ihr dankt man es, daß dem ersten Buche von der
bürgerlichen Herrschaft ein zweites und dann noch ein drittes
nachfolgte. Man braucht auf die Einzelnheiten dieser Polemik
nicht einzugehen: es genügt, die Tatsache festzustellen, daß die
Thesen und der Kampf um sie den Anlaß zur Entstehung der
beiden Bücher geboten haben. Indem er im elften Kapitel des
zweiten Buches die These verteidigt, daß die Laien das Recht
haben, auch gegen den Papst, wenn es not tut, strafend ein-
zuschreiten, vergißt er doch nicht, auch hier eine feierliche
Protestation anzubringen, daß er nicht daran denke, etwas zu
behaupten, was dem päpstlichen und geistlichen Stande über
haupt zur Unehre gereichen möchte, sondern nur die Wahr
heiten aufzudecken, . die sich in den Gesetzbüchern und Chro
niken finden, und daraus die etwa sich ergebenden Folgerungen
zu erzählen. Das dürfte doch fromme Ohren kaum verletzen. 2
Daß in den Ausführungen des zweiten Buches von De Civili
Dominio, also in einer frühen Zeit, die ersten Spuren des Risses
zwischen Wiclif und den Bettelmönchen zu finden und aus
welchen Motiven es zu diesem Risse gekommen ist, wurde be
reits an anderer Stelle bemerkt; 3 der Riß vollzog sich in einer
früheren Zeit, als man gemeiniglich annimmt, und zweifellos
deswegen, weil Wiclif in seinem Kampfe um das frühere Ideal
der Minoriten nun deren Unterstützung vermißte. Schon jetzt
hält er von den Orden überhaupt nicht viel, ,am besten wäre
es, wenn es solche Spaltungen und Gründungen von Orden, die
doch nur wieder auf irdische Verhältnisse zurückgehen, gar
1 De Civili Dominio II, 5: Sed miror, qua fronte frater meus ausus est de-
duccionem tarn frivolam fingere, specialiter coram tarn sciolo et vene-
rabili auditorio in ecclesia beate virginis Oxonie: Sacerdotes debent
corrigi per se ipsos vel suos episcopos: ergo in nullo casu debent corrigi
per dominos seculares. Dieser Satz berührt die letzte These Wiclifs:
Ecclesiasticus, immo et liomanus pontifex, potest legitime a subditis et
laieis corripi et eciam accusari.
2 De Civili Dominio II, 114: Non intendo personam aliquam diffamare vel
in dohonoracionem vel dedecus Status papalis quicquam asserere . . . Nec
video quomodo illud offenderet pias aures. Das ist der Standpunkt
Wiclifs 1377. Dieselbe Ausdrucksweise in der bei Lewis p. 363 abge
druckten Determinaeio Magistri Johannis Wyclyff de Dominio contra
unum monaclium, p. 3G6: quod sonaret iniuriam dicte ecclesie vel racio-
nabiliter offenderet pias aures.
3 Studien zur englischen Kirchenpolitik I, 108.