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I. Abhandlung: v. Schroeder.
als schönes apfelgraues Roß am Meeresstrande erscheint und
daran zu erkennen ist, daß seine Hufe verkehrt stehen. Be
steigt es einer, so stürzt es sich mit seinem Raube in die Flut. 1
Bisweilen gelingt es, den Neck in dieser Gestalt zu fangen, zu
zähmen und für einige Zeit zur Arbeit, zum Pflügen u. dgl. m.
anzuhalten. Das wird z. B. von einem Manne zu Morland in
Bahus erzählt. 2 Wenn der estnische näkk auch in Menschen
gestalt erscheint, so ist er doch immer daran kenntlich, daß
er Fischzähne hat 3 — ein Zug, der auch den germanischen Nix
charakterisiert.
Neben dem näkk steht bei den Esten die Wasserjung
frau, näki-neitsit, d. i. Näkken-Jungfrau — auch wee-ema tütar
genannt, d. h. Wassermutters Tochter, was vielleicht der ältere
estnische Name ist. Die Wasserjungfrau ist nicht so bösartig
wie der näkk. Man sieht sie oft auf einem Steine sitzen und
ihr gelbes Haar mit einem goldenen Kamme kämmen. Wenn
man sich ihr nähert, so schwimmt sie als Schwan davon oder
versinkt im Wasser. Bisweilen entführt sie junge Männer, in
die sie sich verliebt hat. Ein solcher lebte mit einer Wasser
jungfrau einige Zeit in einem unterirdischen Schlosse. Am
Donnerstag war es ihm verboten, sie zu sehen. Trotz des Ver
botes belauscht er sie aus Neugier an einem solchen Tage und
sieht, daß sie halb die Gestalt eines Fisches hat. Sogleich ist
es mit der ganzen Herrlichkeit zu Ende. Er befindet sich am
Ufer und ist inzwischen ein Greis geworden. 4
Jedermann erkennt in diesen Sagen Zug für Zug die
germanische Wasserjungfrau wieder, und wenn wir bei dem
1 Vgl. Grimm, a. a. O., p. 405.
2 Vgl. Grimm, a. a. O., p. 406. Eine nah verwandte Geschichte erzählt
Kuhn, Norddeutsche Sagen, p. 57: In der Gegend von Jagow pflügte
einmal ein Bauer noch spät am Sonnabend als die Sonne schon unter
gegangen war, da kam plötzlich aus einem naheliegenden See ein Hengst
mit vollem Sielzeug, der schirrte sich selbst zu den anderen Pferden an
den Pflug und fing an mit gewaltiger Schnelligkeit die Furchen zu
ziehen, so daß der Bauer atemlos hinter ihm her stürzte, von Schweiß
triefend, und seine Pferde keuchten und mit Schaum bedeckt waren.
Nach einer halben Stunde etwa verschwand plötzlich der Hengst, wie
er gekommen war.
8 Vgl. Wiedemann, a. a. O., p. 433.
1 Vgl. Wiedemann, a. a. O., p. 433.