Germanische Elben und Götter beim Estenvolke.
5
grausamer Geselle, der dem Menschen Verderben zu bereiten
sucht. Wiedemann nennt ihn darum geradezu einen bösen
Geist. 1 Er geht eifrig darauf aus, Menschen zu fangen, ins
besondere sucht er Badende, die in seine Nähe kommen, unter
das Wasser zu ziehen. In Werder z. B. tötete der näkk
einstmals ein junges Mädchen hei der Schafwäsche und brachte
es unter das Wasser. Dort fand man es dann mit abgenagten
Wangen 2 u. dgl. m. Dementsprechend hebt Jakob Grimm auch
hei den germanischen Wassergeistern einen Zug von Grausam
keit und Blutdurst hervor, der bei den Dämonen der Berge,
Wälder und Häuser nicht leicht vorkomme. 3 Der Nix oder
näk sucht die Menschen an sich zu ziehen und zu töten; und er
rächt den Bruch eines ihm gegebenen Versprechens an Leuten,
die ihm verfallen sind, blutig und grausam. Bemerkenswerter
noch als dieser Zug, der sich vielleicht aus der Natur des
Elementes erklären ließe, ist der Umstand, daß der estnische
näkk, ebenso wie der schwedische näk und überhaupt der
germanische Nix, sich in Tiergestalt, und zwar insbesondere
als Pferd gestaltet zeigt. Jakob Grimm weist es als ein Cha
rakteristikum der germanischen Wassergeister nach, daß sie
ganz oder halb in Pferdegestalt erscheinen. Seltener nimmt
der Nix die Gestalt eines Stieres an. 4 Auch der estnische
näkk zeigt sich seltener als Rind, gewöhnlich als Pferd, und
die von ihm erzählten Sagen stimmen ganz mit den germani
schen, respektive schwedischen überein.
Einst spielten Hüterjungen am Ufer eines Baches. Da
kam ein Pferd aus demselben hervor, und sie setzten sich auf
den Rücken desselben. Ein Knabe hatte keinen Platz mehr
und rief: Wartet, ich setze mich dem näkk hinten auf! Da
verschwand der Geist plötzlich und alle standen mit gespreizten
Beinen am Ufer da. Sonst sollen auch je nach der Zahl derer,
die aufsitzen wollen, Pferd und Sattel sich verlängern. 5 Ebenso
berichtet Jakob Grimm von dem skandinavischen Nix, daß er
1 P. J. Wiedemann, Aus dem inneren und äußeren Leben der Ehsten,
St. Petersburg 1876, p. 432.
2 Vgl. Wiedemann, a. a. 0.
8 Vgl. Grimm, Deutsche Mythologie, 4. Aufl., p. 409.
* Vgl. Grimm, a. a. 0., p. 406. 831.
8 Vgl. Wiedemann, a. a. O., p. 432.