Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 148. Band, (Jahrgang 1904)

Mitteilungen aus altdeutschen Handschriften. VIII. 
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Wir wissen heute noch nicht, welche der beiden Haupt 
gruppen von Handschriften des jüngeren Titurel hei der end 
gültigen Konstituierung des Textes zu bevorzugen sein wird. 
Zarncke war auch in den Beiträgen 7, 606 ff. noch nicht weiter 
gekommen, als daß I und II auf eine gemeinschaftliche Grund 
lage zurückweisen, daß aber keine der beiden Gruppen stets 
allein das Richtige überliefere, sondern bald die eine, bald die 
andere (vgl. Anz. f. d. Altert. 3, 168 ff.). Doch bemerkt er 
Germania 22, 11: ,Auch ist sonst, wo es sich um Strophenzahl 
und Strophenfolge handelt, immer für die Gruppe II ein 
günstiges Vorurteil gerechtfertigt'. Das scheint mir auch von 
dem schmalen Gesichtsfeld aus richtig, das die Seitenstettner 
Bruchstücke zu überschauen gestatten. Die drei Plusstrophen 
4870" ,-c enthalten zwar nur sehr wenig sachliche Angaben, 
aber sie schicken sich doch ganz wohl in den breiten Stil 
dieser Partie, bei der Albrecht von Scharfenberg seine Kenntnis 
der Alexandersage verwertet (vgl. Konrad Borchling, Der 
jüngere Titurel und sein Verhältnis zu Wolfram von Eschen 
bach, S. 77 ff). Indem unsere Fragmente die Strophen nicht 
absetzen, wodurch der Übergang zur Prosalektüre vermittelt 
wird (einen ganz anderen Sinn hat diese Einrichtung in 
Handschriften geistlicher Poesie des 12. Jahrhunderts, dort 
hält noch ein rezitierender Vortrag das strophische Gebilde 
zusammen), schließen sie sich einer jüngeren Schicht der 
Überlieferung an; hingegen einer älteren durch den Mangel 
der Einteilung in Kapitel, vor 4967 hätte sonst eine Überschrift 
stehen müssen. 
Das Studium des Jüngeren Titurel' liegt zur Zeit noch 
im Argen (schon Pfeiffer klagte, Quellenmaterial 1, 66), trotz 
der ganz vortrefflichen Arbeit Borchlings. Name und Heimat 
des Autors sind unsicher (vgl. Spiller, Zeitschr. f. d. Altert. 
27, 158 ff.), und ob die beiden Handschriftengruppen I und II 
verschiedene Redaktionen von der Hand desselben Autors dar 
stellen oder die eine das Original wiedergibt, die zweite eine 
Bearbeitung durch jemand anders, das wissen wir nicht, ob 
schon diese Frage durch die Prüfung von Reim und Sprach 
gebrauch sich müßte entscheiden lassen. Vielleicht nimmt die 
königl. preußische Akademie der Wissenschaften, welche jetzt 
beabsichtigt, die wichtigsten ungedruckten Werke deutscher
	        
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