Mitteilungen aus altdeutschen Handschriften. VIII.
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Wir wissen heute noch nicht, welche der beiden Haupt
gruppen von Handschriften des jüngeren Titurel hei der end
gültigen Konstituierung des Textes zu bevorzugen sein wird.
Zarncke war auch in den Beiträgen 7, 606 ff. noch nicht weiter
gekommen, als daß I und II auf eine gemeinschaftliche Grund
lage zurückweisen, daß aber keine der beiden Gruppen stets
allein das Richtige überliefere, sondern bald die eine, bald die
andere (vgl. Anz. f. d. Altert. 3, 168 ff.). Doch bemerkt er
Germania 22, 11: ,Auch ist sonst, wo es sich um Strophenzahl
und Strophenfolge handelt, immer für die Gruppe II ein
günstiges Vorurteil gerechtfertigt'. Das scheint mir auch von
dem schmalen Gesichtsfeld aus richtig, das die Seitenstettner
Bruchstücke zu überschauen gestatten. Die drei Plusstrophen
4870" ,-c enthalten zwar nur sehr wenig sachliche Angaben,
aber sie schicken sich doch ganz wohl in den breiten Stil
dieser Partie, bei der Albrecht von Scharfenberg seine Kenntnis
der Alexandersage verwertet (vgl. Konrad Borchling, Der
jüngere Titurel und sein Verhältnis zu Wolfram von Eschen
bach, S. 77 ff). Indem unsere Fragmente die Strophen nicht
absetzen, wodurch der Übergang zur Prosalektüre vermittelt
wird (einen ganz anderen Sinn hat diese Einrichtung in
Handschriften geistlicher Poesie des 12. Jahrhunderts, dort
hält noch ein rezitierender Vortrag das strophische Gebilde
zusammen), schließen sie sich einer jüngeren Schicht der
Überlieferung an; hingegen einer älteren durch den Mangel
der Einteilung in Kapitel, vor 4967 hätte sonst eine Überschrift
stehen müssen.
Das Studium des Jüngeren Titurel' liegt zur Zeit noch
im Argen (schon Pfeiffer klagte, Quellenmaterial 1, 66), trotz
der ganz vortrefflichen Arbeit Borchlings. Name und Heimat
des Autors sind unsicher (vgl. Spiller, Zeitschr. f. d. Altert.
27, 158 ff.), und ob die beiden Handschriftengruppen I und II
verschiedene Redaktionen von der Hand desselben Autors dar
stellen oder die eine das Original wiedergibt, die zweite eine
Bearbeitung durch jemand anders, das wissen wir nicht, ob
schon diese Frage durch die Prüfung von Reim und Sprach
gebrauch sich müßte entscheiden lassen. Vielleicht nimmt die
königl. preußische Akademie der Wissenschaften, welche jetzt
beabsichtigt, die wichtigsten ungedruckten Werke deutscher