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I. Abhandlung: Musil.
Daraus geht hervor und dürfte als feststehend anzunehmen
sein, daß die Originale der Inschriften derzeit im Besitze des
türkischen Militärarztes Dr. Theagene Bey sind.
Herr Vizekonsul Xanthopulos ist mir persönlich als ernster,
zuverlässiger Mann bekannt; ob aber er selber das erwähnte
Haus besucht und den ursprünglichen Befindungsort der In
schriften gesehen, respektive untersucht hat, ist nicht zu ent
nehmen — wogegen die Angabe, die Inschriften stammen aus
dem Garizimtempel falsch sein muß, weil eine solche Annahme
nicht zutrifft und nicht begründet werden kann.
Zum Zwecke besserer und eingehenderer Informationen
habe ich bereits an Freunde geschrieben und werde außerdem
möglicherweise bald in der Lage sein, an Ort und Stelle per
sönlich Untersuchungen anstellen zu können, — denn, offen
gestanden, mit Rücksicht auf die mir wohlbekannte, fabriks
mäßige Herstellung von Antiquitäten in Syrien, konnte ich
beim ersten Anblick der Kopien ein starkes Mißtrauen nicht
unterdrücken.
Die Inschriften wurden mittels blauer, grünlicher und
schwarzer Kreide auf Pauspapier abgedruckt, wobei die mit
schwarzer Kreide angefertigten Kopien undeutlich wurden, weil
dieses Material zu wenig anhaftet und sehr leicht abgerieben
wird. Aus den übrigen Abdrücken ist ziemlich genau auf den
Zustand und die Beschaffenheit der Originale zu schließen.
Darnach heben sich die Inschriften nur wenig über einen
sorgfältigst geglätteten Untergrund reliefartig hervor und
sind von einem breiten, mit Arabesken verzierten Rahmen
eingefaßt. Die einzelnen Buchstaben sind sehr schön aus
geführt, vollkommen erhalten und nach den Abdrücken ist
weder Verwitterung noch ein anderer Defekt wahrzunehmen.
Der Form nach erscheint die Schrift jüngeren Ursprungs als
jene der samaritanischen Inschriften von Amwäs, dürfte
aber in einzelnen Teilen älter sein als die aus dem 11. Jahr
hunderte.
Flößen nun Erhaltung und Außeres dieser Inschriften
Verdacht ein, so wird er durch den Inhalt derselben wesentlich
behoben, denn dieser entspricht vollkommen dem samaritanischen
Texte des Pentateuch, enthält Stellen, welche durch andere
als vollkommen echt anerkannte Inschriften und Gebete sicher-