Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 143. Band, (Jahrgang 1901)

Untersuchungen zur altchristlichen Epistolographio. 
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erhalten. Als Blütezeit dieser Flugschriftenlitteratur bezeichnet 
H. Peters 1 die letzten Jahrzehnte der Republik und die erste 
grössere Hälfte der Regierung des Augustus. Unter Claudius 
und später unter Domitian regte sich das Pamphletwesen wieder 
besonders mächtig. Es lag nahe, dem Feind auf seinem eigenen 
Felde entgegenzutreten; daher schon unter Cäsar der Plan, 
das Zeitungswesen sich dienstbar zu machen. 
Nicht nur Rom selbst, sondern auch die Hauptstädte der 
Provinzen waren ein fruchtbarer Boden für das Emporkeimen 
boshafter Kritik. Bei dieser Stimmung der Geister ist es nicht 
ausgeschlossen, dass bei abweichenden Anschauungen in einer aus 
den verschiedensten und wechselndsten Elementen zusammen 
gesetzten Christengemeinde wie Korinth die persönlichen und 
sachlichen Gegensätze eine litterarische Gestalt annahmen. Dass 
eine Revolution, die sich gegen die Autorität der Presbyter 
richtete, schliesslich auch anderwärts zünden konnte und über 
dies die Christengemeinden in unangenehmes Gerede brachte, 
war Grund genug, litterarisch gegen eine litterarische 
Gefahr Stellung zu nehmen. Wie Cäsar während der Tage 
der Schlacht von Mutina Zeit fand, sich durch die Anticatones 
duo gegen Ciceros Angriff in der oben erwähnten Lobrede 
auf Cato zu wehren, so machte es auch die römische Ge 
meinde. 
Diese Annahme einer litterarischen Controverse erklärt 
alle Schwierigkeiten, die der erste Clemensbrief in litterar- 
historischer Beziehung bietet. So erklären sich die vielen Ver 
weise auf den ersten Korintherbrief, während ein etwa von den 
Presbytern in Korinth nach Rom gerichteter Privatbrief nirgends 
citiert wird; und dass die Schrift der Gegenpartei nicht eigens 
erwähnt wird, ist nicht auffallend, man wollte ihr eben diese 
Ehre nicht anthun. Aber sie ist gewiss berücksichtigt, und 
manches in dem Inhalt und Zusammenhang des ersten Clemens 
briefes wäre uns heute verständlicher, wenn wir das Original der 
Korinther hätten. Vielleicht hatte dieses öffentliche Schreiben 
der Aufständischen sogar den Titel ,Brief an die Römer“; was 
hätte das liciGvpoip^v TOtäkOa! -rcepl xßv iwi^Toupivwv xap’ Gp.iv 
TCpayp.ä-wv sonst für einen Sinn? 
1 A. a. 0. I 108.
	        
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