Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 140. Band, (Jahrgang 1899)

Studien zur Geschichte des V. Lateranconcils. 
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in der VIII. ist der Hergang im Allgemeinen wie in der 
VI. Session; bei der Abstimmung über die Reformationsbulle 
ergibt sich eine starke Divergenz: ,multis absolute non placuit/ 
Der Papst fragt, wie das Stimmverhältniss sei, die Antwort ist: 
,quasi media pars eorum praelatorum qui essent in latere sinistro' 
stimmen nicht bei. Der Papst vertagt nun diesen Gegenstand 
auf die nächste Sitzung: dixit veile aliquantulum cogitare ut 
omnibus satis fiat et sic in prima sessione futura deliberare. 
Dass die Sitzung in Bezug auf die Reformationsbulle als re 
sultatlos gelten konnte, erhellt daraus, dass Paris in Zweifel 
ist, ob das Tedeum gesungen werden soll (,qui hymnus semper 
solet cantari quando est aliqua materia gravis conclusa', Ray- 
naldus ad 1513, § 97). In der IX. Session stimmt der Papst 
selbst zuerst mit placet, ,sed aliqua j'videntur mutanda', etwa 
10 von 140 antworten nicht mit einfachem placet (Raynaldus 
ad 1514, § 36). In der XI. Session scheint es sogar zu einer 
Debatte gekommen zu sein: Licet a Papa et a nonnullis qui 
ibi prope aderant libere reponsum fuisset per verbum placet 
absolute tarnen multum diuque a patribus reexaminata vix con 
clusa fuit; tarnen votis enumeratis fuit conclusa. Also eine 
Zählung der Stimmen war nothwendig (Raynaldus ad 1516, 
§ 38). In der XII. Session erregt die Bulle über die Türken 
steuer und den Schluss des Concils starken Widerspruch: ,multi 
et fere major pars' sind dagegen; die Abstimmung ergibt: ,in 
duobus aut tribus plura fuerunt pro papa quam contra eum'. 
Als Resultat ergibt sich: in den Sessionen werden die 
Bullen verlesen. Der Papst stimmt zuerst ab. Die Abstimmung 
geschieht ursprünglich schriftlich, indem die Notare und Schrei 
ber von Beisitzer zu Beisitzer gehen und jedes einzelne Votum 
zu Protokoll nehmen, hierauf nehmen die Scrutatoren das Scruti- 
nium vor und berichten das Resultat dem Vorsitzenden. Wieder 
holt versucht Papst Julius an Stelle dieses Modus ein lautes 
der ganzen Versammlung verständliches Abstimmen zu setzen 
und verlangt ausserdem einfaches Ja oder Nein — placet oder 
displicet — ohne Clausei. Mit der ersten Forderung dringt 
er insofern durch, als die schon protokollierte Abstimmung in 
der von ihm gewünschten Art wiederholt wird, mit der zweiten 
dagegen nicht, indem bei vielen Abstimmungen, unter ihm 
sowohl wie unter Leo X., die einzelnen Prälaten ihr placet mit
	        
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