Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 137. Band, (Jahrgang 1898)

I. Abh.: Fr. Müller. Ueber den Ursprung der gruziniscben Schrift. 
l 
I. 
Ueber den Ursprung der gruzinischen Schrift. 
Von 
Dr. Friedrich Müller, 
wirkl. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften. 
Der Ursprung der Schrift der Gruzinen (Georgier) ist 
wissenschaftlich noch immer nicht festgestellt worden. 1 Was nun 
die Tradition anlangt, so schreiben die Armenier die Erfindung 
der gruziniscben Schrift dem Erfinder ihrer eigenen Schrift, 
nämlich Mesrop, zu, 2 während die Gruzinen behaupten, dass 
die Einführung der sogenannten Vulgärschrift bei ihnen auf 
Pharnawaz, den ersten König des Landes nach dem Zerfall des 
macedonischen Weltreiches Alexander’s des Grossen, zurück 
geht. 8 Dies ergibt schon zeitlich eine Differenz von ungefähr 600 
Jahren, welche zwischen den beiden Behauptungen obwaltet. 
Die gruzinische Schrift liegt uns in doppelter Gestalt vor, 
nämlich in einer grossen, mit Zeichen, welche aus dicken eckigen 
Strichen bestehen, und einer kleineren, mit dünnen abgerun 
deten Buchstabenformen. Die erste ist die sogenannte Kirchen 
oder Priesterschrift, genannt /utsuri (b'gQg^o von b^Qo yutsi 
,Priester 1 ), welche auf den Inschriften, in den religiösen Büchern 
und in den alten Handschriften überhaupt Verwendung findet, 
1 Die gegenwärtig ziemlich, allgemein verbreitete Ansicht, das gruzinische 
Alphabet sei zusammen mit dem armenischen aus der griechischen 
Schrift hervorgegangen, ist eine jedes wissenschaftlichen Grundes ent 
behrende Behauptung. Brosset 1 s Ansicht, der die gruzinische Schrift 
aus einem bunten Gemisch moderner indischer Alphabete ableitet, ist 
reine Phantasterei. 
2 Vgl. meine Abhandlung ,Ueber den Ursprung der armenischen Schrift 4 
Wien 1865, S. 4 (Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissenschaften, 
Bd. XLYIII, S. 434) und Brosset ,Elements de la langue Georgienne 4 . 
Paris 1837, p. 1. 
3 Brosset a. a. O., p. 2, WZKM. Bd. VII, S. 318. 
Sitzungsber. der pbil.-bist. CI. CXXXYII. Bd. 1. Abb. 
1
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.