XIT. Abhandlung: Meyer. Albanesische Studien. Vf.
l
XII.
Albanesische Studien.
Von
Gustav Meyer,
corresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
VI.
Beiträge zur Kenntniss verschiedener albanesisclien Mundarten.
Vorbemerkung.
Die in diesem sechsten Theile meiner ,Albanesisclien
Studien' herausgegebenen Texte zerfallen in zwei Hauptab
theilungen, von denen die erste nordalbanesische oder gegische,
die zweite südalbanesische oder toskische enthält. Zu den
letzteren gehören im Allgemeinen die Dialekte der in Griechen
land wohnenden Albanesen, und ebenso die der in Unteritalien
und Sicilien jetzt noch vorhandenen albanesisclien Ansiede
lungen, die gerade mit den Mundarten der griechischen Alba
nesen auffallend viele sprachliche Erscheinungen gemeinsam
haben. Man wird dadurch zu der Annahme geführt, dass
die Albanesen in den italienischen Dörfern wenigstens zum
grösseren Theile aus Griechenland stammen, wofür ja auch
das in Italien in allen albanesisclien Colonien bekannte Lied
zeugt, welches die Sehnsucht nach der alten Heimat Morea in
rührenden Worten zum Ausdruck bringt. Mit der Theilung
in Gegisch und Toskisch ist aber die Eintheilung nicht er
schöpft, und auf jeden Fall muss man Uebergangsdialekte an
erkennen, die man die mittelalbanesischen nennen kann. Es
gibt ja auch sonst haarscharf gezogene Dialektgrenzen nirgends,
und wo zwei oder drei Mundarten sich in den Grenzgegenden
in täglichem Verkehr berühren, entstehen Dialektmischungen,
die eben diesen Uebergangsdialekten eigenthümlich sind. Leider
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CSXXV1. Bd. 12. Abh. 1