IX. Abh.: Schönbach. Ueber die Sage von Biterolf und Dietleip.
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IX.
Ueber die Sage von Biterolf und Dietleip.
Von
Anton E. Sehönbaeh,
corresp. Mitglieds der kais. Akademie der Wissenschaften.
l.
Der Inhalt des mittelhochdeutschen Epos .Biterolf und
Dietleip' (von mir angeführt nach Oskar Jänicke’s sorgsamer
Ausgabe im ersten Bande des .Deutschen Heldenbuches', 1866;
häufig citiert man ,Biterolf', nur Wilhelm Grimm in der be
schichte des Reimes' nannte das Werk ,Dietleip') lässt sich trotz
seines bedeutenden Umfanges (13.510 Verse) in wenige Sätze
zusammenfassen.
Biterolf, der Herrscher eines spanischen Landes (von den
Bergen), als dessen Hauptstadt Toledo angegeben wird, erfährt
durch einen alten Pilger (276 ff.), dass Etzel im Hunnenlande der
mächtigste König der Welt sei: nirgend sonst finde man so
zahlreiche und tapfere Ritter beisammen, nirgend anders gebe
es so viel ritterliche Kampfübung. Da nun Biterolf sich bisher
selbst für den in diesem Betrachte hervorragendsten Fürsten
gehalten hat (395 ff.), beschliesst er, sich zu Etzel zu begeben
und dort die Wahrheit des Berichtes zu erproben. Er muss
das heimlich thun, weil er sonst von seiner Gemahlin Dietlinde,
seinem zweijährigen Sohne Dietleip und den Pflichten seines
Herrscheramtes (418 ff.), nicht hätte abkommen können. Erst
nach sieben Jahren gelingt es ihm, selbzwölft verlässt er wohl
gerüstet sein Land und reitet nach einem Besuche bei seinem
Neffen, dem Könige Walther von Kärlingen zu Paris, und nach
kurzen Kämpfen mit den Reckenpaaren Gelfrat und Else in
Baiern, Wolfrat und Astolt in Oesterreich, unversehrt an den
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXXVI. Bd. 9. Abh. 1