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I. Abhandlung: Loserth.
Königthum und dem Reiche Gefahr zu bringen. Man glaubt
in den Schriften Wiclif’s aus seinen letzten acht Jahren zu
blättern, wenn man seine Verfügungen liest. Kein Zweifel, dass
das Verfahren dieses Königs ihm lebhaft vor Augen stand. Sein
Lieblingsbuch, das er bei historischen Fragen gern zu Rathe
zog, war das Polychronicon des Ranulphus von Higden, und
dieser berichtet in zwar knapper, aber ausnehmend deutlicher
Weise über Eduards Verfahren gegen die todte Hand. 1 Es
wurde durch ein eigenes Statut im Jahre 1279 ein förmliches
Verbot erlassen, Güter an die todte Hand zu schenken: 2 ,Kirch
liche Personen sollen in Zukunft an Landbesitz und Einkünften
nicht mächtiger werden/ Schon sei Gefahr vorhanden, dass
durch solche Erwerbungen die Kriegslehen, die zur Verthei-
digung des Reiches bestimmt seien, in Abnahme kommen und
die Vertheidigung des Reiches ins Schwanken gerathe. ,Man
habe/ seufzt der klösterliche Geschichtschreiber, ,ganz ver
gessen, dass die Amaleldter mehr durch das Gebet des Moses
als das Schwert der Israeliten besiegt worden seien/ Auf solche
Einwendungen hätte ein König wie Eduard I. gewiss wenig
gegeben — in diesem Augenblicke vielleicht weniger als sonst,
wo er Grund zu haben meinte, über den Erzbischof Johann
von Canterbury erbittert zu sein; denn auf dem Provinzialconcil
von Reading (30. Juli 1279) hatte dieser, über die Grenzen
der kirchlichen Jurisdiction hinausgehend, den Befehl gegeben,
eine Abschrift der Magna Charta alljährlich in den Kathedral-
und Collegiatkirchen anzuheften. 3
Das Statut wurde am 15. November erlassen. Indem es
festsetzte, dass in Zukunft keine Lehen sei es durch Kauf
oder Schenkung an die todte Hand kommen dürften, wollte
1 Ranulph. de Higden VIII, 264: Rex. Edwardus cum proceribus ediderunt
statuta contra mortuam manum, ita ut nullus deinceps terras, tene-
menta, redditus daret, venderet, legaret aut permutaret seu quovis titulo
viris religiosis assignaret sine licencia regis. So auch S. 286: Rex Ed
wardus fecit saisire omnia temporalia clericorum eximens eos a pro-
tectione sua. Vgl. auch p. 295.
2 Walsingham verlegt das Statut bereits in das Jahr 1275: es kann aber
mal kaum einem Zweifel unterliegen, dass es ins Jahr 1279 gehört.
Vgl. Ann. Wawerl., p. 392.
2 Stubbs, Select Charters, p. 458.