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IV. Abhandlung: Fr. Müller.
dem Gebiete der griechischen Etymologie Geleistete kritisch
zusammengefasst und der Forschung in dieser Richtung einen
gewaltigen Impuls gegeben hatte, unternahm es in neuester
Zeit ein junger Gelehrter, Dr. Walther Prellwitz ein ,Etymolo
gisches Wörterbuch der griechischen Sprache' zu verfassen.
Sein Buch ist im Jahre 1892 in Göttingen (XV und 382 S.)
erschienen. Dasselbe wendet sich an einen weiteren Leserkreis 1
und sucht dem Leser den Zusammenhang des Wortvorraths
unserer Muttersprache mit jenem des Griechischen anschaulich
zu machen. Gewiss ein schönes und höchst dankenswerthes
Unternehmen!
Während Curtius in seinem classischen Werke blos jene
Worte verzeichnet, welche entweder mit absoluter oder wenig
stens mit ziemlich grosser Sicherheit etymologisch gedeutet
werden können, versucht es Prellwitz, möglichst jedes Wort der
griechischen Sprache etymologisch zu erklären. Und hierin liegt
die Schwäche und Unfertigkeit der Leistung, welche ihr von
verschiedenen Seiten vorgeworfen worden sind. 2
Angesichts der Vorarbeiten — namentlich des Curtius’-
schen Werkes — ist die Arbeit von Prellwitz aus zwei ganz
heterogenen Elementen zusammengesetzt. Auf der einen Seite
stehen die sicheren etymologischen Resultate der älteren Schule
mit G. Curtius an der Spitze, auf der anderen Seite die mehr
oder weniger vagen, wenn auch oft geistreichen und anregenden
Vermuthungen der jüngeren Forscher, vor allen der sogenannten
Junggrammatiker' und des Verfassers selbst, der zu dieser
Schule gehört. Dabei geht der Verfasser sehr oft über die
Etymologie der Worte weit hinaus, indem er die von den mo
dernen Forschern gern besuchten Irrpfade der Wurzel-Ent-
1 Der Verfasser citirt dieses Umstandes halber und auch deswegen, dass
der Umfang; des Buches nicht vergrössert werde, nicht die Urheber der
einzelnen Etymologien. Ich lege auf diesen Punkt kein allzu grosses
Gewicht, da die Junggrammatiker 4 selbst ohnedies meistens nur die
Leute ihrer Richtung zu citiren pflegen, und ich z. B. speciell gewohnt
bin, meinen Etymologien unter ganz fremdem Namen hie und da zu
begegnen.
2 Z. B. G. Meyer im Literarischen Centralblatt, 1893, S. 48—50. Brug-
mann in den Indogermanischen Forschungen. Anzeiger, Bd. IV* (1894),
S. 27—31.