Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 134. Band, (Jahrgang 1896)

10 
VI. Abhandlung: Uillebrand. 
nacli Gesetzen hervorbringt, die denen irgend einer bekannten 
Classe von Erscheinungen ähnlich sind/ 
Nachdem Mill darauf hingewiesen hat, dass Hypothesen, 
bei denen sowohl das Agens ein novum ist als auch dessen 
Wirkungsweise, in der Geschichte der Wissenschaften sich 
schwerlich auffinden lassen, und dass sonach die blosse Eigen 
schaft einer Hypothese, die deductive Ableitung einer beob 
achteten Erscheinung (d. i. also ihre ,Erklärung 4 ) zu ermög 
lichen, für die Legitimität derselben offenbar als nicht hinreichend 
betrachtet wird, geht er nun seinerseits daran, zu untersuchen, 
wie denn jene weitere Bedingung zu formuliren sei, welcher 
eine Hypothese noch überdies genügen muss. 
Mill gellt von folgendem Gedanken aus: Die Hypothese 
will einen Ersatz für eine Induction bieten; sie muss daher jeden 
falls diejenige Prüfung bestehen, welche auch eine correcte In 
duction besteht; d. h. was sich aus ihr deductiv ergibt, muss 
sich empirisch verificiren lassen, gerade so wie dasjenige, was 
man aus einem inductiv gewonnenen Gesetze deductiv ableitet, 
sich durch die Erfahrung muss bewahrheiten lassen. Zu den 
Forderungen aber, denen die Hypothese genau ebenso genügen 
muss wie die Induction, muss für die Hypothese noch eine 
neue hinzutreten. Denn wenn für die Hypothese wie für die 
Induction nur das Kriterium der gelungenen Yerification mass 
gebend wäre, so würde man damit die Thatsache, dass im Falle 
der Induction das Gesetz unmittelbar aus der Erfahrung ge 
wonnen ist (was ja bei der Hypothese nicht zutrifft), für er- 
kenntnisstheoretisch vollkommen irrelevant erklären, was doch 
offenbar nicht angeht. Damit ist nicht nur nachgewiesen, dass 
die Hypothese noch um eine Bedingung mehr zu erfüllen haben 
muss als die Induction, sondern es ist zugleich eine Art er- 
kenntnisstheoretisches Mass für diese neue Bedingung ge 
wonnen. Ihre Erfüllung muss nämlich einen vollen Ersatz 
bieten für das, was der Hypothese im Vergleiche zur Induction 
abgeht: für die empirische Grundlage. Worin erblickt nun 
Mill diesen vollen Ersatz? Die unmittelbare Antwort lautet: 
die Verification der Hypothese muss so beschaffen sein, dass sie 
einer vollständigen Induction gleichkommt. Aber wann thut 
sie dies? Mill erwidert: dann, wenn die Gewissheit vorliegt, 
dass kein anderes als eben das hypothetisch angenommene
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.