X. Abhandlung: Zingerle. Der Hilarius-Codex von Lyon.
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X.
Der Hilarius-Codex von Lyon.
Von
Prof. Dr. Anton Zingerle,
corresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
• IN ur in ein paar der zahlreichen und meine Bemühungen .
freundlich anerkennenden Besprechungen der Ausgabe des
hilarianischen Psalmencommentars wurde auf einen erst in
den letzten Jahren bekannt gewordenen Lyoner Hilarius-Codex, 1
und zwar von competenter Seite mit der Bemerkung aufmerksam
gemacht, dass nach Benutzung so vieler alter Handschriften,
worunter zwei aus derselben Zeit, dieser Codex wohl nicht
viele wesentliche Aenderungen veranlasst haben würde. 2 Dennoch
war ich, als ich schon vorher, eben nach Abschluss der Aus
gabe, von dieser Handschrift als hilarianischer Kenntniss erhalten
hatte, in einer gewissen Aufregung; denn wenn auch die Nicht
benutzung derselben durch die angedeuteten zeitlichen, sowie
durch die Verhältnisse unserer Bibliothek, die von den fran
zösischen Katalogwerken damals noch nichts besass und auf
diesem Gebiete mich nur auf Excerpte von freundlichen Ge
lehrten an wies, gewiss entschuldigt gewesen wäre, so würde
mir doch eine dadurch veranlasste wesentliche Schädigung der
1 Vgl. Delisle, Notices et Extraits XXIX, 2, p. 364 und Album paleo-
graphique pl. V. Er ist allerdings identisch mit Nr. 381 bei Deladine,
Bibi, de Lyon, dort war er aber noch nicht mit Hilarius, sondern blos
allgemein als Commentarius in psalmos, wie mehrere andere, bezeichnet
und dem 8. Jahrhundert zugewiesen. Mit derselben unbestimmten Be
zeichnung hatte ich ihn auch bei Haenel S. 194 gefunden und darum
von der Bitte um Zusendung abgesehen, zumal da ich mit ähnlichen
Handschriften nutzlose Versuche gemacht hatte. Vgl. Studien S. 942
und Ausgabe p. 878. — Ich citire im Folgenden nach meiner Ausg.
2 Vgl. z. B. Archiv für lat. Lexikogr. VH (1892), S. 616.
Sitzungsber. d. pMl.-hist. CI. CXXVIII. Bd. 10. Abb. 1