Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 128. Band, (Jahrgang 1893)

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IV. Abhandlung: Tomaschek. 
urne oder der Leichnam beigesetzt wurde, und zuletzt stellten 
sie mannigfaltige Kampfspiele an, wobei sie werthvolle Kampf 
preise für die Zweikämpfer aussetzten. So lautet Herodot’s 
Bericht (V 8) über die taufxl. Beide Arten, Verbrennung des 
Leichnams oder dessen einfache Beerdigung, finden wir zu 
freier Wahl in den ältesten Veden; auch die dreitägige Auf 
bahrung ist den meisten indogermanischen Stämmen gemein 
sam. Den nach dem 0pijvo<; folgenden Leichenschmaus bezeugt 
auch Xenoplion (Hell. III 2, 5): man sprach hiebei dem Weine 
nach Kräften zu, bis zur völligen Trunkenheit. 
Aus der entlegensten Epoche der Menschheit hat sich in 
die geschichtliche Zeit des thrakischen Volkes der Brauch ver 
erbt, am Grabe des Herrn dessen Lieblingsfrau zu schlachten. 
Man könnte die Bewahrung dieses barbarischen Brauches der 
Nähe der pontischen Skythen zuschreiben, hei denen die 
Schlachtung der Weiber beim Tode eines Fürsten in Uebung 
war; vom Nachharvolke der Skythen, den Geten, berichtet 
Theopomp: vogo? l’exüjv xo sirtorspa^stv tyjv yuvaiza xw avSpi'. Herodot 
(V 5) legt jedoch die Witwenschlachtung gerade den südlichsten. 
Stämmen am Strymon bei, den Sinten und Maiden: ,Wenn einer 
von ihnen stirbt, so kommen die Frauen und deren Anver 
wandte in ernstlichen Eifer und Streit darüber, welche von 
ihnen am meisten von dem Manne geliebt worden sei. Jene, 
welche schliesslich den Vorzug vor allen erhält, wird unter 
Lobpreisungen der Männer und Frauen von ihren nächsten 
Verwandten über dem Grabe des Mannes geschlachtet und 
alsdann mitbegraben. Die anderen Frauen aber zeigen grossen 
Kummer; denn ihnen ist grosser Schimpf widerfahren/ Mela 
dehnt diesen Brauch auf alle Thraken aus; er hat jedoch deutlich 
Herodot vor Augen, nur dass er mehr Worte macht. Da sich 
diese Sitte auch bei den Ariern am Ganges und selbst bei 
einigen alten Völkern Europas vorfand, so werden wir der 
selben ein hohes Alter beimessen müssen. — Die Anschauung 
der Trausen über Geburt und Tod haben wir bereits kennen 
gelernt und zugleich bemerkt, dass dieselbe nur von der nie 
drigen geistigen und ökonomischen Stellung dieses Volkes Zeug- 
niss gibt. 
Der edelgeborene Thraker war bereit, wenn Alles fehl 
schlug, muthig dem Tode ins Auge zu blicken; selbst stürzten
	        
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