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IV. Abhandlung: Tomaschok.
Die seit Theodosius II. schrankenlos überhandnehmende
Sucht, sich dem beschaulichen Leben zu widmen, zog viele
kräftige Leute, welche dem allzeit bedrohten Lande als Krieger
hätten dienen sollen, von dieser Pflicht ab. Als die Slowenen-
schaaren fast ganz Ulyricum und das Haemusgebiet plünderten,
erliess Kaiser Mauricius ein strenges Verbot gegen den Eintritt
wehrpflichtiger Leute in die Klöster, was den Unmutli des
römischen Bischofs Gregorius I. (ep. III 66, VIII 5) erregte.
Das oströmische Reich in Europa war vorzugsweise auf die
thi-akischen Milizen angewiesen; noch war die Kraft der Landes
söhne nicht völlig geschwunden. Kaiser Marcianus, der Zeit
genosse des Attila, war ein Thrax von Geburt; sein Nachfolger
Leo I. (457—474) führte den Beinamen 6 Byjacoc (Malala p. 368;
vgl. Iordanes de success.: Leo, Bessica ortus progenie). Der
Kaiser Anastasius, ein Illyrier, schickte (492) wider die re
bellischen Isaurer Generäle aus p.sxa -Xi^öduc Sy.uöwv aas I'otO:•/.•?;; y.al
Btzar/.rfi (Malala p. 393) und später (502) gegen die Perser
axpaxiav TotOuv xe y.ai Bscaiüv y.ai sxepwv 0pay.(wv eövwv. Unter dem
Dardaner Iustinian I. begegnen unter den Milizsoldaten wieder
holt eingeborene Thraken und Bessen, und Prokop gibt uns
die letzten Belege für echt-bessisclie Eigennamen, z. B. KouxO.ac,
Mapy.svxioc, (a. 539) Boupyivxiop 'Po)jj.a!o)v xic, Bsaa'op ysvop. Unter
Mauricius aber führen alle Führer römische Eigennamen, z. B.
Priscus, Castus, Martinus, Commentiolus, Salvianus, obwohl der
Kaiser selbst ,primus ex Graecorum genere* (Paul. Diac. III 15)
den Thron bestiegen hatte. Das gesammte oströmische Staats
wesen trug durchaus noch römischen Charakter in Recht und
Gericht, im Heerwesen und in den kirchlichen Einrichtungen;
erst seit Heraclius tritt der griechische Charakter hervor.
Schrieb doch unter Iustinian der Grammatiker Priscianus seine
Institutiones grammaticae, redigierte Trebonianus die berühmten
Digesta (530—533), und erhielten neu angelegte Castelle römische
Namen! Zwar hatte der Kappadoke Joannes (ca. 540) den
Versuch gewagt, die griechische Sprache ins Amt einzuführen,
aber ohne Erfolg, und zwar, wie der Lydier Joannes bemerkt
(de magistr. III 68 p. 262), Stic xo xoup vr t q EipeLo]:; dy.r^ooaq xrj
t6W ’lxaXüv cfÖd'f'feaQxi ipwvfj — ein schlagender Beweis wider alle
Jene, welche meinen, die thrakischen Provinzialen hätten
griechisch gesprochen. In der Rhodope und im Haemus erklang