Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 128. Band, (Jahrgang 1893)

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IV. Abhandlung: Tomaschok. 
Die seit Theodosius II. schrankenlos überhandnehmende 
Sucht, sich dem beschaulichen Leben zu widmen, zog viele 
kräftige Leute, welche dem allzeit bedrohten Lande als Krieger 
hätten dienen sollen, von dieser Pflicht ab. Als die Slowenen- 
schaaren fast ganz Ulyricum und das Haemusgebiet plünderten, 
erliess Kaiser Mauricius ein strenges Verbot gegen den Eintritt 
wehrpflichtiger Leute in die Klöster, was den Unmutli des 
römischen Bischofs Gregorius I. (ep. III 66, VIII 5) erregte. 
Das oströmische Reich in Europa war vorzugsweise auf die 
thi-akischen Milizen angewiesen; noch war die Kraft der Landes 
söhne nicht völlig geschwunden. Kaiser Marcianus, der Zeit 
genosse des Attila, war ein Thrax von Geburt; sein Nachfolger 
Leo I. (457—474) führte den Beinamen 6 Byjacoc (Malala p. 368; 
vgl. Iordanes de success.: Leo, Bessica ortus progenie). Der 
Kaiser Anastasius, ein Illyrier, schickte (492) wider die re 
bellischen Isaurer Generäle aus p.sxa -Xi^öduc Sy.uöwv aas I'otO:•/.•?;; y.al 
Btzar/.rfi (Malala p. 393) und später (502) gegen die Perser 
axpaxiav TotOuv xe y.ai Bscaiüv y.ai sxepwv 0pay.(wv eövwv. Unter dem 
Dardaner Iustinian I. begegnen unter den Milizsoldaten wieder 
holt eingeborene Thraken und Bessen, und Prokop gibt uns 
die letzten Belege für echt-bessisclie Eigennamen, z. B. KouxO.ac, 
Mapy.svxioc, (a. 539) Boupyivxiop 'Po)jj.a!o)v xic, Bsaa'op ysvop. Unter 
Mauricius aber führen alle Führer römische Eigennamen, z. B. 
Priscus, Castus, Martinus, Commentiolus, Salvianus, obwohl der 
Kaiser selbst ,primus ex Graecorum genere* (Paul. Diac. III 15) 
den Thron bestiegen hatte. Das gesammte oströmische Staats 
wesen trug durchaus noch römischen Charakter in Recht und 
Gericht, im Heerwesen und in den kirchlichen Einrichtungen; 
erst seit Heraclius tritt der griechische Charakter hervor. 
Schrieb doch unter Iustinian der Grammatiker Priscianus seine 
Institutiones grammaticae, redigierte Trebonianus die berühmten 
Digesta (530—533), und erhielten neu angelegte Castelle römische 
Namen! Zwar hatte der Kappadoke Joannes (ca. 540) den 
Versuch gewagt, die griechische Sprache ins Amt einzuführen, 
aber ohne Erfolg, und zwar, wie der Lydier Joannes bemerkt 
(de magistr. III 68 p. 262), Stic xo xoup vr t q EipeLo]:; dy.r^ooaq xrj 
t6W ’lxaXüv cfÖd'f'feaQxi ipwvfj — ein schlagender Beweis wider alle 
Jene, welche meinen, die thrakischen Provinzialen hätten 
griechisch gesprochen. In der Rhodope und im Haemus erklang
	        
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