Die rhetorica ecclesiastica.
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VII. Veranlassung' zur Abfassung.
Ehe man sich im frühen Mittelalter einem Fachstudium
zuwandte, mussten die sogenannten artes der Reihe nach durch
genommen werden. Das Trivium der Grammatik, Dialektik
und Rhetorik (artes liberales) bildete, häufig mit dem Gesammt-
namen der Logik bezeichnet, die Vorstufe weiteren Studiums.
Das hieran sich anschliessende Quadrivium der physischen
Wissenschaften (artes naturales) fand weniger Schüler 1 oder
mindestens nicht ein so eingehendes Studium.
Hochangesehene Kirchenväter —- Ambrosius, Hieronymus
und Augustinus — hatten für das später sogenannte Trivium das
Lesen der classischen wissenschaftlichen Schriften der Heiden
welt geradezu befürwortet (c. 9, 10, 18, D. 37), weshalb auch
Carl der Grosse deren Studium als ein Hilfsmittel zum richtigen
Verständniss der heiligen Schrift mittelst eines besonderen Capi-
tulars 788 den Bischöfen und Klöstern seines Reiches wärmstens
anempfohlen hat. 2 Dagegen waren die Ansichten der Päpste
über den Werth einer solchen Lectüre für Christen getheilt,
bis schliesslich der Betrieb des Studiums classischer Litteratur
in der Voraussetzung gestattet wurde, dass die Exegese der
heiligen Schrift und die Dogmatik von dieser Seite manchen
Gewinn ziehen könne.
Im 12. Jahrhundert wurden classische Studien durch St.
Bernhard und seine Schüler eifrigst betrieben. Bekannt ist
sein Ausspruch, dass die Gelehrten unter seinen Zeitgenossen,
wie Zwerge auf den Schultern der Classiker-Riesen ruhend,
von ihrem erhöhten Sitze aus einen weiteren Ausblick und eine
leichtere Erkenntniss ohne eigenes Verdienst gemessen. 3
Auch sein berühmter Gegner auf theologischem Felde,
der Peripateticus Palatinus, Abälard, hat in seiner Theologia
christiana — welche philosophische Betrachtungen mit den
Problemen der Theologie verbindet, indem sie neben der Au
torität auch Vernunftgründe zur Beweisführung verwerthet —
1 Vgl. Epist. Petri Blesensis, Nr. 101; bei Bulaeus, Hist. univ. Paris,
Bd. II, S. 571.
2 Walter, Corp. jur. germ. H, S. 63.
3 Sehaarschmidt, Joannes Saresberiensis, S. 66.