Leibnitz bei Spinoza.
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lieh werden zu lassen, weil nur in diesem Falle die Wieder
erlangung des Oberbefehls seitens der Oranier, welche die
einen fürchteten und die anderen erhofften, vorauszusehen war.
Unter den Mitteln, der französischen Regierung einen Angriff
auf Holland unmöglich zu machen oder doch zu erschweren,
eines der sichersten, aber auch gefährlichsten, war die Er
regung von aufrührerischen Unruhen im eigenen Lande, oder,
im Falle der Krieg schon begonnen hatte, die nur durch Ver-
rath erreichbare Auslieferung irgend eines strategisch wichtigen
Hafens und Küstenpunktes, um von da aus eine Landung feind
licher Truppen und dadurch eine gänzliche oder wenigstens theil-
weise Zurückziehung der einheimischen Streitkräfte von dem
Feldzuge gegen die Niederlande ins Werk zu setzen. Beides
zusammen machte den Inhalt der landesverrätlierischen Unter- ;
nehmung aus, in welche sich gerade zur Zeit, als der Krieg
gegen Holland in Aussicht stand, ein hervorragendes Mitglied
einer der ersten Familien Frankreichs, der Prinz Louis von
Rohan-Guemenee, gewöhnlich als Malteserritter der Chevalier de •
Rohan genannt, sehr wahrscheinlich ohne Wissen der nieder
ländischen Regierung, aber vielleicht nicht ohne Begünstigung
oder mindestens Gutheissung niederländischer Parteipolitiker ein
gelassen hatte. Der auf seine Abstammung von den einstigen \
Herrschern der Bretagne stolze und nach Erlangung souveräner
Selbstständigkeit lüsterne, dabei ebenso ausschweifende als ver
schwenderische und daher stets geldbedürftige Edelmann, der
mit dem Könige zerfallen und von diesem um seines sogar an
einem Hofe, wo die Marquise de Montespan herrschte, an-
stössigen Lebens willen auf seine Güter verwiesen war, sah in
der Begünstigung der feindlichen Occupation einer Provinz und
in der Ueberlieferung eines befestigten Hafens für Geld ein will
kommenes Mittel, entweder selbst in den Besitz eines Landes-
theiles oder doch einer namhaften Summe zu gelangen, von
welchen er des ersteren zur Befriedigung seines Ehrgeizes, der
letzteren zur Bezahlung seiner Schulden bedürftig war. Derselbe
hatte in ersterer Hinsicht seine Blicke auf die Normandie, in letz
terer Hinsicht auf den Plafen und die Stadt Quilleboeuf am linken
Ufer der Seinemündung geworfen, durch Helfershelfer, unter
welchen seine ebenso schöne als intriguante Maitresse, die Frau
von Villars, die Hauptrolle spielte, mit den unzufriedenen Ständen
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