VII. Äbh.: Manitius. Beitr. z. Geschickte frühckr. Dichter im Mittelalter. II. 1
VII.
Beiträge zur Geschichte frühchristlicher Dichter
im Mittelalter. II.
Von
M. Manitius.
Ich hatte in den Wiener Sitzungsberichten, Bd. CXVII,
Abh. XII über das Fortleben einer Reibe von frühen christ
lichen Dichtern im Mittelalter gehandelt. Um das einiger-
massen zu vervollständigen, was ich dort geboten, liefere ich
hier unten Erweiterungen und Nachträge, wie sie sich bei
fortgesetzter Durchsuchung der mittelalterlichen Literatur er
geben haben. Besonders sind hierzu die grossen Sammlungen
der Acta Sanctorum und von Migne benutzt, ausserdem aber
sind eine Anzahl französischer Schriftsteller untersucht und
noch weitere Lücken in der Literatur, namentlich für die
karolingische Zeit ausgefüllt worden. Sehr viel Material hat
Vineenz von Beauvais geliefert, der vollständig durchgesehen
worden ist. Doch ist hier die Ausbeute immer noch gering
gegen die Unmasse von Anführungen, die sich bei Vineenz
aus den classischen Dichtern finden. — Man erkennt übrigens
sehr deutlich die Erfolge von Karls des Grossen humanistischen
Bestrebungen. Vor der Zeit Karls ist ja die fränkische Lite
ratur überaus dürftig und mager und kann sich mit der gleich
zeitigen angelsächsischen oder westgotischen nicht messen. Sie
gewinnt aber seit Karl sehr schnell an Inhalt und Form, und
namentlich, worauf es uns hier besonders ankommt, mehren
sich die gelehrten Citate aus der älteren Poesie. Die meisten
karolingischen Autoren kennen und citieren fast alle bedeu
tenderen christlichen Dichter. Im Laufe der Zeit verschwinden
die letzteren mit wenigen Ausnahmen immer mehr aus der
Sitzungsber. d. phil.-hist. CI. CXXI. Bd. 7. Abh. 1