Busson. Die Sage von Max auf der Martinswand und ihre Entstehung. 45ö
Die Sage von Max auf der Martinswand
und ihre Entstehung.
Von
Dr. Arnold Busson,
corresp. Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
Die Erzählung von dem gefährlichen Abenteuer, das
Kaiser Max auf der Martinswand bei Zirl bestanden haben
soll, begegnet uns in voller Ausbildung, mit allen charakteristi
schen Zügen ausgestattet, zuerst in dem Bericht über die Reise
des jungen Karl Friedrich von Cleve, den Stephan Winand
Pighius unter dem Titel: ,Hercules Prodicius seu principis iuven-
tutis vita et peregrinatio* im Jahre 1587 herausgegeben hat. 1
Unter den vielen interessanten Angaben dieses Werkes über
die Wahrnehmungen, welche bei der Durchreise des jungen
Herrn von Cleve durch Tirol im Herbst 1574 gemacht wurden,
von denen namentlich die Beschreibung des Münzprägens auf
dem neu erfundenen Walzwerk in Hall wiederholt Beachtung
gefunden hat, findet sich auch die Beschreibung einer Gems-
jagd, die dem fremden Gaste zu Ehren vom Innsbrucker Hofe
am Tage vor St. Michael, 28. September 1574, an der Martins
wand bei Zirl veranstaltet wurde, der Karl Friedrich von Cleve
mit seiner Begleitung von dem am Inn gelegenen Schlösschen
1 Auf diesen ältesten Bericht hat hingewiesen Karl Kirchlechner, Ueber
Maximilian als Jäger und insbesondere über das Abenteuer des Kaisers
auf der Martinswand, Jahresbericht der k. k. Staats-Oberrealschule zu
Linz 1884—1885, S. 22 und 30, während noch Newald, Kaiser Maximi
lian als Gemsenjäger, in Vogl’s Volkskalender 1879 als ältestes Vor
kommen der ausgebildeten Erzählung erst die Angaben der Schultess-
schen Bearbeitung des Theuerdank vom Jahre 1679 nachzuweisen ge
wusst hatte. Vgl. Ulmann, Maximilian I, 190, Anm. 2.