Wahle. Ueber die geometrische Methode des Spinoza.
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Ueber die geometrische Methode des Spinoza.
Von
Dr. Richard Wahle,
Universitätsdocent in Wien.
In den folgenden, theils historisch - kritischen , theils
dogmatischen Darstellungen versuche ich die Gründe klar zu
machen, die Spinoza bestimmten, sich in seiner Ethik der
geometrischen Methode zu bedienen. Vieles ist schon über den
Parallelismus der Eigenschaften seines Systems mit denen der
Methode gesagt worden; aber der Hauptgrund, warum gerade
diese Methode diesem Systeme adäquat ist, scheint mir nicht
ausgesprochen zu sein. Dies kommt wahrscheinlich daher, dass,
nach meinem Ermessen, das System nicht ganz richtig ver
standen wird. So soll denn diese Untersuchung auch der Dar
legung der Auffassung von Spinoza’s Ethik, die ich für die
richtige halte, vorbauen. Spinoza scheint mir, wenn ich bei
läufig ein Schlagwort auf ihn anwenden soll, ein strenger
Positivist oder ein Phänomenalist a la Hume gewesen zu sein,
der in sich den Metaphysiker nach Lehrsatz und Beweis
gründlich überwunden hat. Andererseits wird die folgende Auf
fassung der Bedeutung der Methode auch in der späteren Dar
stellung der Harmonie seines Systems , das ich übrigens nicht
approbire, eine Stütze finden. Ich untersuche nur die geome
trische Methode nach ihrem principiellen Anwendungsgrunde;
ausgeschlossen bleibt hier die Frage, ob in den einzelnen
Sätzen, in dem Gefüge des Systems, die Methode materiell
richtig gehandhabt wurde — eine Frage, die Robert Zimmer-