Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 110. Band, (Jahrgang 1885)

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Kant und Comte in ihrem Verhältniss zur Metaphysik. 11 
lichkeit nothwendig als wirklich gedacht, d. h. für wirklich ge 
halten, muss aber, weil der bekannte Theil der Gründe seiner 
Wirklichkeit zusammengenommen nicht der vollständige Grund 
derselben ist, nicht eben auch wirklich sein, d. li. seine Wirklich 
keit ist in Bezug auf jenen bekannten Bruchtheil ihres vollstän 
digen Grundes nicht nothwendig, sondern blos zufällig. Daraus 
ergibt sich sowohl, dass nur nothwendig Wirkliches Gegenstand 
bewussten Denkens, wie, dass der Gegenstand verworrenen Den 
kens nur zufällig Wirkliches sein kann, dass daher von den 
beiden einander dem Grade nach übergeordneten Stufen des 
für den Rationalismus einzig vorhandenen ErkenntnissVermögens 
die höhere, d. i. die ihrer selbst bewusste Vernunft (intellectus) 
das nothwendig, die niedere, die dunkle, verworrene Vernunft 
(simulacrum rationis, sensus) das zufällig Wirkliche zum Object 
ihrer Erkenntniss hat, Metaphysik als Wissenschaft der ersten, 
dagegen Physik als solche der zweiten zufällt. Letztere hat 
daher, insofern das zufällig Wirkliche mit dem im Sinne des 
Empirismus einzig erfahrbaren Wirklichen zusammenfällt, mit 
diesem denselben, Metaphysik dagegen, insofern das nothwendig 
Wirkliche vor und abgesehen von aller Erfahrung als wirklich 
erkennbar ist, im Sinne des Empirismus, dem nur das Erfahrene 
wirklich ist, überhaupt keinen Gegenstand. 
Wie für den Rationalismus die Physik, so bildet für dessen 
Gegenthcil die Mathematik die Klippe. Da der Gegenstand 
derselben, wenn er überhaupt vom Standpunkt des Empirismus 
aus erkennbar sein soll, erfahrbar sein muss, so muss er ein 
Wirkliches sein, während er andererseits als Mathematisches, als 
reine Zahl und reine Raumform, kein solches sein kann. Daraus 
ergibt sich ein Widerspruch, dessen Lösung nur entweder da 
durch herbeigeführt werden kann, dass auf die Erkenntniss des 
Mathematischen überhaupt verzichtet, oder dadurch, dass Zahlen 
und Raumformen selbst als Gattungen der wirklichen Dinge 
angesehen, d. li. z. B. die Zahl drei oder der mathematische 
Punkt, die mathematische Linie u. s. w. für ein Existirendes 
erklärt, zwischen physischem und geometrischem Körper, von 
welchen der erstere nicht nur Ausdehnung, sondern auch 
Schwere, der letztere dagegen nur Ausdehnung besitzt, nicht 
unterschieden wird. In diesem Falle erscheint das Mathema 
tische, insbesondere das Geometrische, als ein verdünntes, und
	        
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