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Maasecn. Pseudoisidor-Studien. I.
oportuisse vos non latuisset4 Dass weder Feinde der Angeklagten
noch suspecti als Ankläger angenommen werden dürfen, ist
ein in den falschen Decretalen mehrfach variirtes Thema.
Beider, der Gegner und der suspecti, zusammen, wie in dieser
Interpolation, wird gedacht z. B. Telesph. 4 (p. 112): Hi vero,
qui cum inimicis morantur aut qui suspecti habentur, minime reci-
piantur. Symm. syn. V. (p. 677): Accusatoribus vero inimicis. . .
vel, qui . . . suspecti sunt, ne credatur. Ebenso Joh. I. ep. 1 (p. 695).
Ich glaube, es bedarf nicht erst der Ausführung, dass
das Vorkommen derartiger Interpolationen auch in solchen
Stücken, welche der Impostor anderswoher entlehnte, ein Ar
gument mehr bilde für die Vermuthung, dass zwischen ihm
und derjenigen Recension der Hispana, welche wir in seiner
Sammlung finden, ein Zusammenhang bestehe.
19. Es entsteht nur noch die Frage: weshalb der falsche
Isidor nicht in grösserem Umfang den Text der ächten Quellen
seinen Tendenzen und Velleitäten dienstbar gemacht habe. Die
Antwort liegt ziemlich nahe. Aus dem Grunde nicht, weil er
sonst den Zweck, der ihn bestimmte seine falschen Decretalen
in Verbindung mit einer Sammlung ächter Autoritäten zu ver
breiten verfehlt haben würde, den Zweck, dass diese Verbindung
die Entdeckung des Betrugs erschwere. Ein bis zur Unkennt
lichkeit entstellter Text hätte diesen Dienst nicht mehr geleistet.
20. Schliesslich bemerke ich noch, dass unsre Recension
dem Verfasser der fälschen Capitularien bekannt war und von
ihm in einer Anzahl von Fällen benutzt ist. Wenn ich dennoch
den Pseudoisidor mit derselben in nahen Zusammenhang bringe,
so darf daraus nicht gefolgert werden, dass ich die Priorität
der falschen Capitularien vor den falschen Decretalen nicht
anerkennte. Was daraus folgt, ist nur, dass ich ein Verhältnis
zwischen Benedictus Levita und Isidorus Mercator annehme,
welches mit beiden Thatsachen, der nahen Beziehung des Letz
teren zu der gedachten Recension einerseits und der Priorität
der falschen Capitularien andrerseits, vereinbar ist. Meine
Ansicht über diesen Punct werde ich in einer der folgenden
Abhandlungen begründen.
1 S. M. F. Ennodii Opera ed. Hartei (Corp. script. eceles. Vol. 6) p. 291.