Pseudoisidor-Studien. I.
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3. Ich wende mich zuerst zu den für den Zweck der
Restitution des Textes vorgenommenen Emendationen.
Es ist bereits an einem andern Ort von mir erwähnt
worden, dass unter den verschiedenen Formen der Hispana
der falsche Isidor sich derjenigen zur Verhüllung seines Be
trugs bedient habe, welche ich mit dem Namen der gallischen
bezeichne. 1 Von den Merkmalen und Schicksalen dieser Form,
welche uns in einer wiener Handschrift in ihrer Reinheit er
halten ist, 2 interessirt uns hier der eine Umstand, dass sie, sei es
von Anfang an in ihrer Urhandschrift, sei es später in einem
andern massgebend gewordenen Exemplar, eine grosse Zahl
von (Korruptionen des Textes enthielt, welche sich durch Ab
schriften fortgepflanzt und wohl auch auf diesem Wege ver
mehrt haben. Eine solche Abschrift ist der eben gedachte
Cod. Vindob. 411 aus dem Ende des 9. oder dem Anfang des
10. Jahrhunderts. 3 Der Urheber unsrer Recension, dem ein
ähnlicher Codex vorlag, hat die sinnlosen Lesarten auf eine
Weise zu verbessern gesucht, die allerdings grammatisch und
logisch einen Sinn herstellt, aber die Abweichung vom Original
meistens nur noch grösser macht.
4. Wenn ich durch eine Reihe von Beispielen eine An
schauung dieses Thatbestandes gewähren will, so wird meine
Aufgabe darin bestehen, in jedem Fall die Vergleichung beider,
des unverdorbenen und des verdorbenen Textes, mit der Lesart
unsrer Recension zu ermöglichen. Den ursprünglichen, unver
dorbenen Text der reinen Hispana bietet mir für diesen Zweck
die auf den besten Handschriften spanischer Bibliotheken
beruhende madrider Ausgabe von Gonzalez, den corrupten Text
aber die oben angeführte wiener Handschrift. Von den Hülfs-
mitteln, deren ich mich bedient habe für die Feststellung der
. Lesarten unsrer Recension, will ich jetzt Rechenschaft geben.
Ich habe nämlich für diesen Zweck die gleich anzuführenden
sieben Handschriften der pseudoisidorischen Sammlung benutzt.
Von ihnen gehören die drei ersten (1—3) derjenigen Form an,
'■ S. meine Geschichte der Quellen u. s. w. Bd. 1 S. 710 fg.
2 Ueber die früher in Strassburg befindliche Handschrift derselben Form
(Codex des Bischofs Kachio) s. a. a. O. S. 667 und S. 710 fg.
3 S. a. a. 0. S. 6G8.