Schönberg. Kshcmendra’s Kavikanthäbharana.
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Ksheinendra’s Kavikanthabharana.
Von
J. Schönberg.
I. Vorbemerkungen.
,Ergo fangar vice cotis, acutuin
Keddere quae ferruni valet, exsors ipse secandi:
Munus et officium nil scribons ipse docebo,
Unde parentur opes, quid alat formetque pö'etam,
Quid deceat, quid non, quo virtus, quo ferat error —‘. (
Trotz dieser ausdrücklichen Versicherung des kunstvollsten
aller römischen Dichter wird uns eine Lectiire der ,Ars poetica £
überzeugen, dass wir es in derselben mit nichts weniger, als
einer wirklichen Poetik zu thun haben. Ein moderner Schrift
steller würde solche in freier Ordnung aufeinander folgende
ästhetische Betrachtungen sicherlich anders benennen — voraus
gesetzt, dass die Bezeichnung ,Ars poetica £ , die wir zuerst bei
Quintilian (VIII, 3, 60) linden, wirklich von Horaz herstammt.
Was' uns bestimmte, den Horaz hier bei der Analyse und Be
sprechung eines indischen Handbuches des Dichterhandwerkes
(sit venia verbo!) anzuführen, sind die letzten Partien der
erwähnten Epistel, in welchen einige Bemerkungen über das
persönliche Verhalten des Dichters — allerdings vermengt mit
heissendem Spott und bitterer Ironie — mehr als subjective Ge
danken, denn als Belehrung hingeworfen sind. Das vorliegende
Werk Kshemendra’s, eines um die Mitte des 11. Jahrhundertes 2
lebenden Kasmir’schen Dichters, unterscheidet sich nämlich von
anderen indischen Lehrbüchern der Poetik und Rhetorik, wie
1 Horatius, Epistula ad Pisones 304 sqq.
2 S. Bühler im Journal of the Bombay Branch of the R. A. S. Vol. XU.
Extra number p. 46.