v. T sc hu di. Beobachtungen über Irrlichter.
269
Beobachtungen über Irrlichter.
Von Dr. J. J. v. Tschudi.
(Mitgetheilt von Herrn Director Fenzl.)
Barbacena, Provinz Minas geraes in Brasilien, 6. Jänner 18ö7.
Da fabelhafte Erzählungen über Irrlichter ebenso häufig, als
exaete Beobachtungen darüber selten sind, ja so selten, dass manche
Meteorologen diese Erscheinung gänzlich in Zweifel zogen, so glaube
ich, dass folgende, auf das genaueste beobachtete Thatsache von
Werth sein wird.
Den 31. December 1857 befand ich mich in der Herberge des
Italieners Delveccliio in Parahyba do Sul. Ein paar hundert
Schritte vor dem Hause fliesst der Rio de Parahyba in der Breite
der Donau hei Linz vorbei; das entgegengesetzte Ufer ist dicht be
waldet; in geringer Entfernung von demselben steht ein kleines
Häuschen in der Richtung der Delveechio’schen Herberge. Es
hatte den ganzen Tag geregnet. Abends gegen 8 Uhr trat ich zugleich
mit einem Fazendeiro der Umgegend unter die Hausthüre. Die Luft
wtir schwül (22° R.) und es regnete noch fortwährend. Plötzlich zog
ein Licht, gerade uns gegenüber im Walde unsere Aufmerksamkeit
auf sich und mit dem Ausrufe „he lium baitatal“ sprang der Fazen
deiro in das Haus zurück und riefsämmtliche Hausbewohner zusammen.
Die Erscheinung war ein intensiver rothgelber Feuerkern (um mich
so auszudrücken), rund (nicht länglich und bläulich oder blass, wie
die Irrlichter gewöhnlich geschildert werden), nicht unähnlich in der
Farbe einer entfernt brennenden Pecbfackel. Dieser Feuerkern blieb
so ziemlich auf dem nämlichen Platze, aber nicht unbeweglich, denn
zuweilen schwankte er bald rechts, bald links, oft stieg er, dann sank
er wieder, aber immer auf beschränktem Raume. Plötzlich erschienen
neben diesem Centralkerne rechts drei andere, aber schwächere und
etwas weiter zurückstehende sternartige Lichter; sie näherten sich
dem ersteren, verschwanden für Momente, kamen dann links zum
Vorschein und erloschen bald darauf gänzlich. Kaum eine Minute
19*