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B aum g a rtu er. Wirkung der Luftelektricität
vollkommen astatischen Zustand bestimmt wird, sondern fast immer
weicht sie von diesem stets mehr oder weniger ab, zum Beweise,
dass sie von einem elektrischen Strome afficirt werde.
2. Die beobachteten Abänderungen sind von zweifacher Art,
grössere, die selbst SO 0 erreichen, und kleinere von yj, 0 —8°. Erstere
treten seltener ein, und wechseln an Richtung und Stärke so, dass
sich daran kein Gesetz wahrnehmen lässt, während letztere an ein
einfaches Gesetz gebunden zu sein scheinen. So weit die Beobach
tungen in Wien und Gratz bis jetzt reichen, scheint angedeutet zu
sein, dass der elektrische Strom bei Tage von Wien und Gratz nach
dem höher gelegenen Semmering binziebe, während bei Nachtzeit
seine Richtung umgekehrt ist. Der Wechsel der Stromrichtung scheint
nach Sonnenauf- und Untergang einzutreten.
3. Bei trockener Luft und heiterem Himmel wird der regel
mässige Strom durch andere unregelmässige weniger gestört, als bei
kühlerer Zeit und bei regnerischem Wetter.
4. Der bemerkte elektrische Strom ist in der Regel stärker,
wenn die Leitung in einer geringeren Entfernung vom Beobach
tungsorte geschlossen wird, als wenn dieser Schluss in einer grossen
Entfernung erfolgt, ja oft ist der Strom in der langen Kette dem in
der kurzen gar entgegengesetzt. Da wo ein Unterschied in der
Stromstärke stattfindet, ist derselbe weit grösser, als dass er von
dem im längeren Leiter grösseren Leitungswiderstande bergeleitet
werden könnte.
Bei bewölktem Himmel, besonders beim Beginn eines Strich
regens oder gar, wenn ein Gewitter am Himmel steht, zeigen sich oft
elektrische Ströme im telegraphischen Leitungsdrathe, die stark genug
sind, um die keineswegs besonders empfindlichen telegraphischen
Indicatoren zu afficiren. Mehrmal fängt die Magnetnadel zu spielen an,
und man glaubt eine Aufforderung von irgend einer auswärtigen Station
her zur Bereitschaft für eine bevorstehende Correspondenz erwarten
zu müssen; allein die Zeichen haben keine Bedeutung, wechseln unregel
mässig und erfolgen meistens nur nach einer Richtung bin, und nicht
selten stellt sich die Nadel eine gute Weile hindurch in die Lage
der grössten Abweichung. Durch solche Einwirkungen wird oft der
Magnetismus der Nadel zerstört, und deren Polarität umgekehrt, so
dass man sie auswechseln und neu magnetisiren muss, um sie wieder
diensttauglich zu machen. Auf der südlichen Linie, wo die elektri-