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weistüͤndiger Wanderung die Glashuͤtte, eine kleine Ortschaft am Fuße der
steilen Hundalpe mit sehr befriedigender Gastwirthschaft.
Der nächste Morgen bringt uns in vier Stunden zum Gipfel der Koralpe
(6780 Fuß), der wegen seines Reichthums an Valeriana celtica abermals der
Speik⸗Kogel heißt. Wir überschauen von ihm den groͤßten Theil Kärnthens mit
dem tiefgrünen Lavantthale zu unsern Fuͤßen, im Süden jenseits des Silberban⸗
des der Drau die Riesen Oberkrains mit dem gewaltigen Terglou, gegen Osten
die Fluren der Steiermark bis zum fernen Ungarn; nur gegen Nordwest ist die
Aussicht mehr gehemmt durch die gegenuͤberliegende Schneethalalpe und ihre Nach—
zarn, jedenfalls beschräͤnkter als die von dem viel niedrigern Speikkogel der
Kleinalpe.
Ueber das vielbesprochene Wunder des Glockengeläutes, das man bei
stillem Wetter in der von Felsen umgebenen Mulde an der Nordseite des Gi—
pfels vernimmt, aus welcher der Seebach abfließt, vermag Berichterstatter keine
Auskunft zu geben, weil ihm auf der Bergfahrt ein dröhnender Sturm zum un—
villkommenen Begleiter diente. Von allen Erklärungen scheint die des früheren
Zuraten der Glashütte, daß das harmonische Getöͤne von dem Fall einer Was—
serader in ein unterirdisches Gewölb erzeugt werde, allerdings die ungezwungenste,
doch fragt sich weiter, wie es denn komme, daß die Stelle, von der der Schall
ausgeht, noch nicht aufgefunden wurde.
Auffallend ist der uͤbergroße Wasserreichthum der ungeheuern, zahlreiche
Rinderherden nährenden Triften, wohl aber auch die Ursache, daß von fuͤnf
Partien nach der Koralpe in der Regel vier mißglücken, die kleinste Wolken—
flocke, die bein Anbruch des Tages den Gipfel umschwebt, spinnt sich in wenig
Stunden zum meilenweiten Bahrtuch aus, das schwere Regengüsse und oft im
yöchsten Sommer dichtes Schneegestöber herabsendet.
Den Ruͤckweg wähle man über die Hallerhütte, wo einst ein geächteter
—A
soll, und uͤber die schoͤngelegene Wallfahrtskirche St. Anna zum Markte Schwan—
berg, einem der größten und wohlhabendsten des Landes. Das Schloß, die
Wiege eines im 14. Jahrhunderte erloschenen Dynasten-Stammes, der einen
Schwan im Wappen führte, hat außer einigen Ahnenbildern der Haller und
Saurau nichts Merkwürdiges aufzuweisen; dagegen ist das nahe Holleneck,
der Lieblingsaufenthalt des Fürsten Liechtenstein der steiermärkischen Linie, auf
einem nach allen Seiten freien Hügel, wegen der Großartigkeit des Baustyls, der
weiten, bethürmten Umfangsmauern, der luftigen Arkaden und Gallerien, ein
wahrhaft königlicher Landsitz. — Die Hollenecker, 1590 ausgestorben, glänzen in
der Geschichte durch eine Reihe von Helden, seit der Schlacht bei Laa in unver⸗
orüchlicher Treue Habsburgs Banner folgend, viele derselben fanden, besonders
zur Zeit der Türkenstürme, den Tod auf dem Schlachtfelde.