Ueber die grossen Seuchen des Orients nach arabischen Quellen. 71 Es zeigt sich nämlich, dass zwischen dem Erscheinen der grossen Seuchen und den politischen oder wirthschäftlichen Zuständen der Staaten und Völker ein unmittelbarer Zusammen hang besteht. Die Ursachen hiefür liegen so offen da, dass es kaum erforderlich ist, hierüber in längere Erörterungen ein zugehen. Der Krieg, und ganz besonders der Krieg in asiatischer Weise, mit Verheerung ganzer Landstriche, gewalt samer Austreibung ganzer Volksstämme, unter Missachtung aller erworbenen Rechte, mit Plünderung der Städte und Zu sammenhäufung grosser, schlecht und unregelmässig verpflegter Menschenmassen, welche die Keime ansteckender, bösartiger Krankheiten entwickelten, dazu die nachlässige oder ganz unterlassene Beerdigung der im Kampfe Gefallenen oder den Anstrengungen und Entbehrungen Erlegenen, verbunden mit den Einflüssen einer heissen Temperatur, besonders in wasser reichen und sumpfigen Landstrichen, mussten offenbar auf den Gesundheitszustand der Massen den allerungünstigsten Einfluss ausüben. Es zeigt sich in der That, dass unter der Einwir kung und dem Zusammentreffen solcher ungünstiger Umstände in einzelnen Gegenden die Seuchen und die Pest besonders oft und heftig auftraten. 1 Ziehen wir nun einen Vergleich zwischen dem Mittelalter und der Gegenwart, so müssen wir es als einen grossen Fort schritt der europäischen Wissenschaft betrachten, dass man es so weit gebracht hat, diesen so gefährlichen Zusammenhang zwischen Politik und Gesundheitszustand zu lösen, der gewiss zum grossen Theile den raschen und völligen Verfall der Cultur des mittelalterlichen Orients befördert hat. 1 Ein arabischer Autor (Ibn Nafys in dem Werke: Almugiz fy-ltibb) sagt über den Ursprung der Pest: Die Pest entstellt aus einer Verderbniss, die, sei es durch tellurische, sei es durch meteorologische Einflüsse, ver ursacht wird. In die erstere Kategorie gehören das verdorbene Wasser, die grosse Anzahl der Aeser, wie dies auf den Schlachtfeldern der Fall ist, wenn die Gefallenen nicht beerdigt werden, dann feuchter, nasser, faulende Stoffe enthaltender Erdboden, ebenso auch die grosse Menge der Erdthiere (hasharät) und der Frösche; zur zweiten Kategorie (den meteorologischen Ursachen) gehören die Sternschnuppen und Meteore, wenn sie in grosser Anzahl auftreten, gegen Ende des Sommers, die unge wöhnliche Ernte an Körnerfrüchten (hobub) u. s. w. — Nach dem Werke: Badl almä'un fy fad 1 altä'un, in der öffentlichen Bibliothek zu Kairo.