G Mayr. 1744 wurde er zum Historiographen von Frankreich ernannt, was ihn bewog, die Geschichte Ludwig XIV. zu fördern und auch die des regierenden Königs in Angriff zu nehmen. Um das Jahr 1750 begann endlich die lange zurückgedämmte Fluth historischer, politischer, philosophischer Schriften sich über die gebildete Welt zu ergiessen, welche längst gewohnt war, auf ihn als ihr Orakel zu lauschen. Die Liste aller diesbezüglichen Werke, Abhandlungen, Gelegenheitsschriften, Artikel würde allzuviel Raum einnehmen; bis in seine Romane und Poeme können wir die Gedanken verfolgen, welche der Auffassung geschichtlicher Dinge bei ihm zu Grunde liegen. I. Voltaire’s Verhältniss zu seinen Vorgängern anf dem Gebiete der Geschichtschreibung. Den letzten entscheidenden Anstoss zu umfassenderen historischen Studien gab Voltairen seine berühmte Freundin, die Marquise du Chätelet. Voltaire selbst spricht davon zu wiederholten Malen. Nachdem die merkwürdige Frau Mathe matik, Newton’s Physik und Leibnizens Philosophie bewältigt hatte, warf sie sich mit unersättlichem Wisseustriebe auch auf Geschichte; davor hatte ihr bisher stets gegraut. 1 ,Diese philosophische Dame', sagt Voltaire, ,fühlte sich vornehmlich durch zwei Dinge zurückgestossen: durch die langweiligen Details und die haarsträubenden Lügen, wie sie den grössten Theil unserer historischen Compilationen erfüllten; sie wollte Geschichte lesen und fand nichts als ein Chaos, eine An häufung nutzloser Facten; sie verzichtete also auf ein eben so trostloses, wie grenzenloses Studium, das den Geist zu Boden drückt, ohne ihn aufzuklären.' Da entwickelte ihr Voltaire 1 Vgl. Memoires pnur servir k la vir de Voltaire ecrits par lui-metne, composes 1759. — AM... profess. en hist., 1753. — Preface zur Aus gabe des Essai von 1754. — Remarques pour servir de suppl. k l’Essai, 1763, I. — Fragments sur l’hist. gener., 1773, I.