Die Einwanderung der Baiern. 889 Böhmen zwar nochmals der Invasion ledig-, aber für das frän kische Reich umsonst. Böhmen liess sich nicht mehr be haupten. Nach den traurigen Wirren im merovingischen Königs hause und erst nachdem auch Böhmen als Mittelpunkt der von Samo befreiten westlichen Slavenwelt neue Wichtigkeit ge wannen, glaubte König Dagobert, die alten Ansprüche wieder aufnehmen zu sollen. Wie vollzog sich nun die Besitznahme des bairischen Hochlandes von Seiten der einwandernden Bevölkerung? Dass sie von Böhmen aus erfolgte, meldet die bairische Stammsage; 1 was von Kämpfen an den Waldgrenzen Böhmens und Baierns darin berichtet wird, lässt sich auf feindliche Begegnung der Auswanderer und Ausgewanderten mit nach dringenden, plündernden Avarenhaufen deuten, gehört aber noch ungleich wahrscheinlicher einer späteren Zeit an. 2 Dass die Besitzergreifung friedlich erfolgte, unter der Autorität des Königs Sigibert, der das verbündete Baiernvolk aus dem nicht länger zu behauptenden Böhmen nach dem dünnbevölkerten Hochlande hinüber nahm, in den näheren Machtbereich der fränkischen Könige, ergibt sich aus den oben gebrachten Aus führungen. Die anthropologischen Forschungen der beiden letzten Jahre erheben dies zur Gewissheit. Alemannen- und Baiernschädel, Dolichocephalen und Brachycephalen ruhen in den Hachinger, Aufhofener, Murnauer u. s. w. Plattengräbern friedlich neben einander, zum unumstösslichen Beweise, dass beide Bevölkerungen lange Zeit friedlich ihre Sitze neben einander innegehabt. 3 Dass trotzdem eine allmächtige Rück-, Schiebung der alemannisch - suevischen Elemente gegen den Westen, auf den Hauptstock schwäbischen Volkes erfolgte, liegt in der Natur der Verhältnisse und ist erwiesen durch die jetzige Verbreitung des schwäbischen Dialektes. 4 1 Vergl. Quitzmann, Aelteste Geschichte der Baiwaren, S. 119 a. a. O. — Die Stammsage ist zuerst enthalten in der sogenannten Kaiserchronik, herausgegeben von H. Massmann, 3 Bände, Quedlinburg 1849—1854, I. v. 315 ff„ 6641 ff. Vergl. S. Riezler, G. B. S. 48. 2 So mit Recht Quitzmann, Aelteste Geschichte, S. 128. 3 Joh. Ranke, Ueber oberbayerische Plattengräber, S. 127. 4 Sehr zu bedauern ist, dass sich bezüglich der in Haching gefundenen Leiche, der das Grab zu klein war, die also erst später in die fremde