Hartei. Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. 543 Studien über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen. I. Von Wilhelm Hartei, wirkl. Mitgliede der k. Akademie der Wissenschaften. Wer die paar Hunderte attischer Psephismen aus der Zeit nach dem Archontat Euklids (Ol. 94, 2 = 403/2 v. Chr.) durch liest, wird nicht verkennen, dass dieselben zwar nach festen Formularen concipirt sind, aber sich auch nicht des Eindrucks erwehren können, dass in der Anwendung derselben eine gewisse Willkür und auch Flüchtigkeit hen-sche, indem dasselbe Decret sich hier vollständiger, dort bei einem ganz gleichartigen Gegenstand um einen oder einige Bestandtheile gekürzt zeigt und diese Bestandtheile bald so, bald anders geordnet er scheinen. Bald wird, indem wir von den unzweifelhaften Raths- Psephismen absehen, in ihnen nur des Demos als des be- schliessenden Factors gedacht, obwohl das verfassungsmässige Zustandekommen des Decrets auf dem Wege des Probuleuma keinem Zweifel unterliegen kann, bald wieder ganz besonders nur die Ingerenz des Käthes betont oder auch nur ausschliesslich von dem gesprochen, was der Rath beschloss, obwohl aus der Aufzeichnung des Beschlusses schon erhellt, dass derselbe die Genehmigung des Demos erhalten habe. Sollten hierin nichts als Willkür und Zufälligkeiten zu erkennen sein? Die leicht zu überblickende Zusammenstellung zuver lässigster Texte, welche wir dem Corpus der Berliner Akademie verdanken, fordert nicht ohne Aussicht auf Erfolg zu der Untersuchung auf, ob und in welchem Umfang in den attischen Staatsurkunden feste Formulare erkennbar sind, ob diese ver schiedenen Typen mit ihren Varianten nichts weiter als belang lose Zufälligkeiten sind, die sich durch den raschen Wechsel