Hypothese über den Ursprung des Privilegium majus von 1156. 459
Durch den Nürnberger Reichsabschied vom 19. November 1274
war König Ottokar II. vor den Pfalzgrafen, seinen Richter, citirt
worden. Rekanntlich erschien er nicht seihst, sein Gewaltbote Bi-
schof Bernhard von Seckau benalnn sich so, dass es sich heraus
stellte, er wolle nicht so viel seinen Herrn vertheidigen, als viel
mehr das neu gewählte römisch-deutsche Reichs-Oberhauptundseine
Wähler, die Churfürsten selbst, anklagen und ihre Wahl ver
werfen. — Er musste sich zurückziehen.
Der langmüthige und vorsichtige König Rudolf schickte nach
so vielen vergebliche:'. Aulforderungen und Versuchen den eben so
hochmüthigen als über seine wahre Stellung verblendeten Bölimen-
könig zur Nachgiebigkeit zu bewegen, seinen Freund den Burggrafen
von Nürnberg zu ihm, den er persönlich kannte und wie es scheint
in früherer Zeit gut leiden konnte, um demselben das Ultimatum vor
zulegen, ehe zu den Waffen gegriffen werden sollte.
Höchst anziehend ist die von dem Reimchronisten Ottokar uns
gelieferte Schilderung ihrer Unterredung, die den H a u p t z ii g e n
nach den Charakter innerer Wahrheit trägt; der Chronist schöpfte
offenbar aus guten Quellen, die nachzuweisen freilich von höchstem
Interesse wäre.
Jedenfalls lässt sich die Ansicht der Mitwelt über den Her
gang des grossen Dramas (Ottokar’s Sturz und Ausgang) aus dieser
köstlichen Quelle entnehmen.
Der Burggraf fand den Böhmenkönig nicht in Prag, sondern —
in Wien 1 ).
Der Burggraf von Nürnberg stellt dem widerstrebenden Reichs
fürsten und Böhmenkönig vor:
Pez SS. 3 , 124. 9 'Herre, ich bin in diz lant
cap. CXIV. 10 von dem künige gefant
um anders niht wan umbe diu,
daz ich vordem fülle an iu
waz ir dem riebe habet vor.
Daz hörte in fin ör
11. ander niht dann. V. 12. vodern. AP. 14. hoert er in. VA.
') S. H. Pez, SS. Rer. Austr. III, S. 124 — 125. Cap. CXIV—CXVI.