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Prof. Schleicher.
Heber v (-ov-, -ev-j vor den Casusendungen im
Slawischen.
Von Hm. Prof. Schleicher in Prag. ►
Nicht selten zeigt bekanntlich in den Sprachen des indogerma
nischen Stammes der Nominativ singularis eine kürzere Form als die
anderen Casus. Dies findet im Slawischen ebenfalls Statt. Theils geht
hier die vollständigere Form durch alle anderen Casus hindurch, wie
M4TH, MATEpE; HMA, H/VUHC; JKp’fcKA, JKp'fcEATE; HEKO, HEEECE,
theils zeigt sie sich nur in gewissen Casus mehr oder minder con-
stant, wie ckihti, ckihobe, ctvIhokt». u. s. w. neben ckihh, ckihtsl.
Schon dadurch unterscheiden sich Formen der letzteren Art scharf
von den zuerst angeführten Beispielen, dass hier gewisse Casus mit
Vorliebe die längere Form haben, andere sie nie zulassen (so gestattet
im Kirchen-Slawischen im ganzen Singular bloss der Dativ die längere
Endung), ferner auch dadurch, dass die Zwischensylbe -cm-, -eb-
nicht auf eine bestimmte Classe offenbar gleichartiger Nominalstämme i
beschränkt ist, wie die Sylben -Ep-, -eh-, -at-, -ec-, sondern an
Stämmen verschiedener Art, an a- und i-Stämmen sich zeigen:
riÄTEEH neben ckihobh , eotobh. Warum ich die u-Classe im
Slawischen nicht als eine besondere Classe betrachte, wird sich aus
dem Folgenden ergeben.
Jene zuerst aufgezählten Formen richtig aufzufassen ist nicht
schwierig. Nur der Nominativ ist hier verkürzt, die anderen Casus
zeigen die volleForm, oder, wie bei den Neutris auf o-, es entwickeln
sich zwei Stammformen neben einander, indem sich namentlich in
der jüngeren Sprache aus dem Nominativ ein kürzerer Stamm neben
heeec ohne -ec herausbildet.
Weniger klar ist das Wesen der Zwischensylbe -CB-, -EB-. Sie
scheint zwar auf den ersten Blick ebenfalls auf die Weise erklärt
werden zu müssen, wie die anderen Formen — als entsprungen aus
der in anderen Casus eingebüssten Stammendung u — allein diese ?
Erklärungsart stösst, so dünkt es mich, auf unüberwindliche Schwie
rigkeiten. Da die eben erwähnte Auflassungsart dieser Zwischen
sylbe von Auctoritäten wie Bo pp, Miklosich, Safarik aufge
stellt ist, und da sie ferner von grosser Bedeutung für die slawische
Laut- und Formenlehre ist, so schien mir eine ausführliche Bespre-