Bericht über eine kunst-archäologische Bereisung Böhmens. 19 ihr Kunstwerth und die ästhetische Bedeutung derselben noch nir gends würdig anerkannt und hervorgehoben worden. Es sind zwei mächtige Bände, deren Dimensionen mit dem früher geschilderten Cantionale grösstentheils übereinstimmen. Das erste derselben ent hält Adventgesänge, das zweite Gesänge auf die Festtage des ganzen Jahres. Beide sind mit herrlichen Miniaturen auf das grossartigste ausgeschmückt. Der Maler derselben war der Chrudimer Bürger Matthias Radaus. Die Bücher wurden zwischen den Jahren 1886— 1594 auf Kosten der Königgrätzer Bürger für das Literatenchor die ser Stadt verfertigt. Der erste Theil des Cantion als enthält auf der ersten Seite ein meisterhaftes, das ganze Blatt ausfüllendes Gemälde, in welchem die Porträte des Malers Matthias Radaus, des Verfassers des Textes Georg Richnovius und des Schreibers Matthäus Li- tomericky sorgfältig ausgeführt erscheinen. Die breiten Ränder schmücken musicirende Engelgestalten. Meisterhaft sind ferner: 1. die Geburt Christi, ein das ganze Blatt ausfüllendes Bild. Die Treff lichkeit der Auffassung, Schönheit der Formen, besonders aber die fromme Innigkeit und der Liebreiz im Antlitze Marien’s verleihen diesem Bilde die höhere Kunstweilie; 2. die Beschneidung und die Taufe Christi; 3. die heil, drei Könige, ein herrliches Blatt voll Leben und individuellem Ausdruck; 4. die Auferstehung Christi. Der Heiland, von dessen nackten Schultern ein rother Mantel herabwallt, steht mit der Siegesfahne auf dem Deckel des Grabes. Der Ausdruck der Ma jestät im Antlitze Christi, die Zeichnung und die Behandlung des Nackten dieser Gestalt ist wahrhaft bewundernswerth. Ebenso herrlich ausgeführt ist 6. die Himmelfahrt Christi. Im zweiten Th eile des Cantionais sind unter den zahl reichen trefflichen Miniaturbildern besonders hervorzuheben: I. die Sendung des heil. Geistes, durch meisterhafte Gruppirung der Ge stalten und die charakteristische Lebhaftigkeit der Gesichtszüge aus gezeichnet; 2. Christus am Kreuze. Das schmerzvolle, edle Antlitz des Gekreuzigten ist von ergreifender Wirkung, die Zeichnung und Färbung des Körpers untadelhaft. Ueberaus schön ist die das Kreuz umgebende Landschaft. Die Localtöne im Vordergründe und die har monisch verschwimmenden Tinten der Ferne sind trefflich gehalten; 3. das letzte Abendmahl, ein grossartiges Bild voll Lehen, Bewegung und Ausdruck; 4. die Taufe Christi; 5. der Kampf Michaels und