Bericht über eine kunst-archäologische Bereisung Böhmens. 9 öffnet sich diese Empore mit einem Bogen, der alle Elemente eines zierlichen Portals umfasst. Ein hoher, reichgegliederter Sockel dient zur Basis der innern Gewandung dieser Bogenöffnung, in der ohne Zweifel ehemals ein zweiter Altar befindlich war. Die breite Band- verziernng, welche die Archivolte des ersten Bogengliedes schmückt, hat eine auffallende Aehnlichkeit mit dem architektonischen Schmucke, der den Eingang der Bundkirche zu Schelkowitz umgibt, lieber die ser Bogenöffnung raget ein Kämpfer, auf dem ein aus Rundstäben, Hohlkehlen und Leisten gefügtes Gesims aufruht, das hier als blosser Schmuck rechts und links sich ausflügelt und über zwei Säulenknäu- fen, die zu beiden Seiten des Kämpfers über der Bogenöffnung ragen, seinen Abschluss findet. Auf diesem Kämpfer ruht der Bogen auf, der über die Breite der Empore zum gegenüberstehenden Wand pfeiler gespannt ist. Die zu beiden Seiten desselben hervortretenden Säuleneapitäler sind viereckig und mit einer sorgfältig ausgeführten Ornamentirung versehen. Der Ansatz eines Säulenschaftes senkt sich einige Zoll tief unter diesen Capitälern herunter. In der Scheide mauer. welche die Empore von dem untern Kirchenraume trennt, sind zwei Fensteröffnungen. Jede derselben ist durch ein eigenthümlieh und überaus zierlich geformtes Säulchen in zwei vom Rundbogen überhöhte Theilc geschieden. In den vier Ecken dieser Emporkirche stehen Wandsäulen, deren Cäpitäler einen sternenförmigen, durch mannigfache Streifen eingefassten Schmuck tragen. Eine fünfte Säule dieser Art ragt aus der, dem Altarbogen gegenüber befindlichen W and. Der Aufgang zu dieser Empore ist eine schmale, in der innern Mauer dicke angebrachte Steintreppe. Die Länge der untern Kirche mit Einschluss der unter der Em pore befindlichen Vorhalle beträgt 42', wovon auf das Presbyterium 14' entfallen. Das Presbyterium selbst ist nicht halbrund, sondern, eine seltene Ausnahme des Kirchenbaues im Rundbogenstyle in Böh men, dreiseitig. Die in den Ecken der Unterkirche befindlichen Säu len haben in ihren Capitälern eine aus Laub fl echt werk gebildete Ver zierung. Die Kirche oder vielmehr Doppelcapelle zu Vinec bietet meiner Ansicht nach einen belehrenden Stoff dem Künstler, der in das Wesen der Bauweise und der Ornamentik des Rundbogenstyles eindringen will; dieselbe ist wohlerhalten und zur Dechanteikirche zu Jungbunz- lau eingepfarrt.