Zur Kaiserwahl 1619.
519
zu entsprechen und nach Exempel anderer sich Selbsten des
Scepters und der Regierung zu unterziehen/ Damit man aber
nicht sagen könne, dass sie ihrer kurfürstlichen Pflicht unein-
gedenk, bei diesem Unwesen nichts thun wollten und Böhmen
in dem jetzigen Zustande zu lassen beabsichtigen, so seien
sie erbötig, nach der Wahl die Interposition vorzunehmen; es
verwerfe auch der König nicht absolut jede Friedenshandlung
und man möge daher den Böhmen hievon Anzeige thun und
ihnen Tag und Ort für die Verhandlungen bestimmen, wobei
aber als Grundlage zu gelten habe, dass Ferdinands Anrecht
auf die böhmische Krone nicht bestritten werden dürfe Da
jedoch dazu viele Informationen und anderes von nöthen, so
solle nach den Vorschriften der goldenen Bulle die Kaiser
wahl vorgenommen werden. Deshalb ersuchen sie ihn, per
sönlich zur Wahl zu erscheinen, falls dies aber nicht möglich
wäre, den Gesandten die nöthige Instruction und Vollmacht zu
ertheilen.
In der bereits erwähnten Geheimrathssitzung, die am
11. August Nachmittag in Gegenwart des Kurfürsten zu Dresden
stattfand, hatten die sächsischen Räthe mit Kaspar von Schön
berg an der Spitze schon ganz andere Ansichten: die zu Frank
furt tagende Versammlung sei nichts Anderes als ein Wahltag,
der Kurfürst von Sachsen hätte niemals im Sinne gehabt, den
Wahltag zu hintertreiben, sondern nur die Beseitigung der
böhmischen Unruhe zu befördern; da sich nun auch die geist
lichen Kurfürsten dazu bereit erklärt, hätte er desto weniger
Ursache ,die Wahl zu differiren', da im Gegentheil die Stände
Böhmens und der incorporirten Länder die Conföderation be
schworen haben und sich einer ferneren Tractation oder Inter
position keineswegs zu untergeben beabsichtigen. Bezüglich des
persönlichen Erscheinens des Kurfürsten bei der Kaiserwahl
wurde aber beschlossen, bei der früheren Entscheidung zu ver
bleiben, wobei die anfangs citirten geheimen Gründe mass
gebend waren; man wusste eben noch nicht, wohin sich das
Kriegsglück wenden würde und wollte es mit keiner Partei
gänzlich verderben; bei einigen von den sächsischen Räthen
mag wohl auch die durch die Berichte des sächsischen Agenten
zu Prag genährte Hoffnung auf die Wahl des Kurfürsten zum
böhmischen König entscheidend gewesen sein, dass dieser für